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Wirtschaft: Reife Geldanlage

Wie Senioren Alltag und Freizeit mit ihrer Rente und Ersparnissen finanzieren.

Wer heute 65 Jahre alt ist, wird rein statistisch als Mann noch weitere 17, als Frau sogar 21 Jahre leben. Jahre, in denen die meisten Senioren eine bestmögliche Mischung finden möchten aus gutem Auskommen im Alltag, Freizeit und Urlaub. Gleichzeitig soll Geld als Reserve für Notfälle und Krankheit, aber auch Kapital als Erbe für die Nachkommen übrig bleiben. Geldanlage im letzten Lebensdrittel – keine einfache Aufgabe.

„Bereits in der Dekade zwischen 50 und 60 empfiehlt es sich, über die finanzielle Situation in der Rente nachzudenken“, sagt Eberhard Beer, Bankbetriebswirt und Honorarberater beim Netzwerk Die Alten Hasen GmbH, das bundesweit vor allem ältere Menschen bei der Geldanlage berät. Denn gerade ab 65 benötigten Senioren einen „finanziellen Maßanzug“, der auch wirklich passe.

Viele Fragen müssen beantwortet werden: Wie hoch wird die Rente sein? Reicht sie, um den Lebensstandard zu halten? Will man, wenn die Kinder aus dem Haus sind, das große Haus auf dem Land oder die Wohnung im sechsten Stock behalten? Wie legt man ein Vermögen an, das aus einer Lebensversicherung frei wird? Wo deponiert man Notgroschen?

IMMOBILIEN

In vielen Fällen passen Haus oder Wohnung zur Lebenssituation mit 40 oder 50, nicht jedoch mit 75 oder 80. Die Kosten sind bei einer Rente, die meist unter dem vorherigen Einkommen liegt, häufig zu hoch. Rechtzeitig sollten Senioren daher überlegen: Brauche ich wirklich eine eigene Immobilie oder behalte ich sie nur, um sie später vererben zu können? Vor der Alternative, das Haus zu verkaufen und mithilfe freier Gelder den Lebensstandard zu erhöhen, schrecken zunächst viele zurück. Entscheidend sei hier die individuelle Lebensplanung, sagt Beer: Will man im hohen Alter lieber in gewohnter Umgebung bleiben – oder beispielsweise in eine Seniorenresidenz, in betreutes Wohnen oder ein Wohnprojekt älterer Menschen ziehen? Das will geplant sein, denn Immobilien lassen sich nicht rasch und ständig gut verkaufen.

RENTE

Viele Senioren haben mit 65 beträchtliche Summen zurückgelegt. Reicht die Rente nicht aus, um nach der Berufstätigkeit ohne Einschränkungen zu leben, könnte der Kapitalstock verrentet werden. Senioren können hier unter vier Möglichkeiten wählen: einem Bankauszahlplan, einer Sofortrente gegen Einmalzahlung bei einer Versicherung, einem Fondsentnahmeplan oder einer Lösung in Eigenregie.

Die einfachsten, transparentesten und günstigsten Lösungen bieten Auszahlpläne bei Banken. Von Anfang an stehen der Zins und die monatlich zur Verfügung stehende Summe fest. Der Anleger kann selbst festlegen, wie hoch die zusätzliche Monatsrente ausfallen und wie lange sie reichen soll. Allerdings hat der Auszahlplan auch eine konkrete Laufzeit. Denkbar ist auch ein Auszahlplan aus den Zinsen und ohne Kapitalverzehr, doch lohnt er sich naturgemäß erst ab sehr hohen Summen. Neuerdings wird auch ein Mittelweg angeboten, also ein Auszahlungsplan mit teilweisem Kapitalverzehr.

Eine Versicherungslösung zahlt verlässlich bis zum Lebensende. Doch das hat seinen Preis: Am Anfang wird eine hohe Provision fällig und vom Kapital abgezogen. Weil die Versicherer im Schnitt mit etwa 22 Jahren Auszahldauer kalkulieren, liegen die monatlichen Zahlungen unter jenen von Bankauszahlplänen. Im Normalfall ist zudem das Geld weg, sollte der versicherte Rentner vorzeitig sterben. Allerdings bieten fast alle Versicherungen – gegen Kürzung der monatlichen Zahlungen – eine Absicherung in Form der sogenannten Rentengarantiezeit an. Je nach Wahl des Versicherten erhält der Erbe dann die Rente weiter, meist jedoch gekürzt und zeitlich beschränkt. Beers Fazit: „Wer ein echtes Langlebigkeits-Gen in der Familie hat, fährt mit der Versicherungslösung am Ende vermutlich besser.“ „Ökotest“ hat 2011 den Markt für Auszahlpläne unter die Lupe genommen und kam zu diesem Ergebnis: Ein Anleger, der 65 Jahre alt ist und 100 000 Euro für 20 oder maximal 25 Jahre verrenten lassen will, fährt auch nach Steuern mit einem Bankplan besser als mit einer Versicherung. Während der beste Versicherer 407,50 Euro pro Monat bot, waren es beim Auszahlplan 574 Euro bei 20 und 503 Euro bei 25 Jahren Laufzeit. Der gemeinsame Nachteil von Bank- wie Versicherungslösung: Beide Varianten schreiben die gegenwärtig niedrigen Zinsen für lange Zeit fest, denn die Verträge können nur in wenigen Ausnahmefällen oder gegen hohe Kosten gekündigt werden.

Fondsentnahmepläne hingegen sind flexibel. Es können, etwa bei plötzlichem Finanzbedarf, Summen entnommen oder eingezahlt werden. „Sie eignen sich wegen der höheren Risiken jedoch ausschließlich für Rentner, die nicht auf das Geld angewiesen sind“, schränkt Eberhard Beer ein. Denkbar ist auch eine selbst geschnitzte Lösung: Der Rentner deponiert das Geld auf einem Tagesgeldkonto – und entnimmt jeden Monat einfach jene Summe, die er benötigt.

NOTGROSCHEN

Wichtig für jeden Senior ist Flexibilität. Es mache gerade für ältere Menschen wenig Sinn, frei verfügbares Geld für längere Zeit festzulegen, sagt Beer. Schnell könnte bei Krankheit, aber auch bei Reisewünschen oder einem plötzlichen Geldbedarf in der Familie der Zugriff auf eine größere Summe nötig sein. Statt sich von der eigenen Hausbank in Fünfjahres-Festgelder mit Mini-Zins treiben zu lassen, raten die Alten Hasen auch Senioren, Vergleichsangebote einzuholen und den Markt zu prüfen. Beer: „Warum soll ich ein Spar-Konto bei der Sparkasse mit 1,9 Prozent eröffnen, wenn ich anderswo 3,6 bekomme?“ Wichtig sei auch, auf die deutsche Einlagensicherung zu achten.

BERATUNG

Leider reißen Berichte über unseriöse Bankberater, die 90-Jährige in hochriskante Produkte treiben, nicht ab. Kaufen sollten auch Senioren grundsätzlich nur das, was sie vollständig verstanden haben. Eine seriöse Bank wird auch für detailliertes Nachhaken Verständnis haben. Wie in der Medizin kann es auch in puncto Geldanlage sinnvoll sein, eine Zweitmeinung zu hören, beispielsweise bei einem Honorarberater. Viele Anleger fürchten jedoch die Kosten von 100 bis 250 Euro pro Stunde. Eberhard Beer: „Sie vergessen dabei jedoch, dass sie auch in der Bank meist 500 Euro Provision zahlen, wenn sie beispielsweise für 10 000 Euro einen Investmentfonds kaufen.“

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