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Wirtschaft: Reifeprüfung für Russland

Präsident Putin feiert sich für den Gipfel in St. Petersburg – doch für eine G-8-Vollmitgliedschaft gibt es wenig Sympathien

Berlin - Bisher ist Russland bei den Treffen der sieben großen Industriestaaten nur ein – wenn auch wichtiger – Zusatzgast. Aus G7 wurde zwar der Einfachheit halber G8. Doch gleichberechtigt ist Russland noch nicht. Russische Medien erwarten, dass der Durchbruch mit dem am Montag zu Ende gegangenen G-8-Gipfel in St. Petersburg geschafft sein dürfte. In der deutschen Politik gibt es dafür wenig Unterstützung. Auch im kommenden Jahr, wenn Deutschland die G-8-Präsidentschaft übernimmt, wird es nicht so weit sein. Andreas Schockenhoff, CDU-Bundestagsabgeordneter und Russland-Koordinator des Auswärtigen Amts, sagte dem Tagesspiegel: „Die Aufnahme Russlands als Vollmitglied wird während Deutschlands G-8-Präsidentschaft noch lange kein Thema sein.“

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Montag erklärt: „Das wachsende Wirtschaftspotenzial erlaubt es Russland, auch eine größere politische Rolle zu spielen.“ Die G8 setzt sich zusammen aus einer Siebenergruppe – USA, Kanada, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan – und Russland. Bei den Gipfeln der Regierungschefs ist Russland dabei, fehlt aber bei wichtigen Treffen der Finanzminister, die über zentrale konjunkturelle Fragen verhandeln.

Russland-Koordinator Schockenhoff fand lobende Worte für den diesjährigen Gastgeber: „Die Russen haben sich sehr gut vorbereitet und haben die inneren Probleme sehr gut angenommen. Das sieht man an Putins Zusagen für ein NGO-Gesetz, das Nichtregierungsorganisationen schützen soll.“ Zur Rolle Russlands bei dem Industrieländertreffen sagte Schockenhoff allerdings: „Die Frage der Vollmitgliedschaft stellt sich im Moment nicht. Die G7 haben politisch, rechtlich und wirtschaftlich andere Standards erreicht. Der Weg Russlands zur Demokratisierung seit der Perestroika ist noch sehr jung. Es gibt ökonomische und politische Voraussetzungen für eine Aufnahme.“ Vordringlich sei es jetzt, die Frage zu klären, unter welchen Bedingungen Russland in die WTO aufgenommen werden kann, sagte Schockenhoff.

Nach Meinung des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff (FDP) sollte Russland nicht als vollwertiges Mitglied in den Kreis der G7 aufgenommen werden. „Ich bin dafür, dass es unter G7 plus eins weiterläuft“, sagte er dem Tagesspiegel. Mit Russland müsse man rechnen und kooperieren. Das Land sei ohne Frage wirtschaftlich wichtig. „Aber solange dort Demokratie, Medienfreiheit und Rechtsstaatlichkeit nicht gewährleistet sind, kann Russland nicht Vollmitglied der G7 werden“, sagte Graf Lambsdorff. Die G7 seien eine Vereinigung von demokratischen Industriestaaten, nicht von autoritären Regierungen. Doch in Russland habe es bei der demokratischen Verfassung in den vergangenen Jahren nur Rückschritte gegeben. „Außerdem ist die Korruption bis in die höchsten Kreise verbreitet“, kritisierte Graf Lambsdorff.

Klaus Mangold, der Vorsitzende des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, sprach sich dagegen für die Aufnahme Russlands als G-8-Vollmitglied aus: „Ich wünsche mir sehr, dass bald die endgültige Vollmitgliedschaft vollzogen wird und dass darüber hinaus über eine Erweiterung der G8 nachgedacht wird.“ Politische oder ethische Vorbehalte wollte Mangold nicht gelten lassen. „Russland mit seinem Reichtum an Rohstoffen und Energie und seinem Willen, eine große politische Rolle in der Welt zu spielen, hat einen Anspruch darauf, Mitglied der G 8 zu werden“, sagte Mangold. „Es ist mir viel lieber, solch ein Land einzubinden, als es vor der Tür zu lassen.“

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