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Wirtschaft: Reisebranche hofft auf Boom nach der Krise

Erst nach Ende des Irak-Konflikts können die Buchungen steigen. Die ITB wird noch von der Flaute bestimmt

Berlin (fw). Trotz der derzeitigen Krise rechnet die deutsche Tourismusbranche in diesem Jahr mit schwarzen Zahlen. „Nach der IrakKrise wird sich der Nachfragestau entladen“, sagte Klaus Laepple, der Präsident des Deutschen Reisebüro- und Reiseveranstalterverbandes (DRV) am Montag anlässlich der Eröffnung der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin. Wegen des drohenden Krieges seien für die Monate März und April extrem wenig Buchungen eingegangen. Wenn die Krise erstmal vorbei sei, würde aber umso mehr gebucht werden. Während des Golfkriegs 1991 sei während der zwei Kriegsmonate zu Jahresbeginn der Reiseverkehr nahezu zum Erliegen gekommen. Zum Jahresende hätten die Reiseveranstalter bei Teilnehmern und Umsätzen dann aber um zehn Prozent zugelegt.

Die Branche setzt auch auf Spätbucher. Nach einer Umfrage des Veranstalters Ltur wird der Anteil von Last-Minute-Reisenden 2003 einen neuen Rekord erreichen. Rund zwölf Millionen Deutsche wollten in diesem Jahr eine Last-Minute-Reise buchen, teilte Ltur am Montag unter Berufung auf eine repräsentative Befragung mit. Hauptmotiv sei für 60 Prozent der Befragten dabei weiter die günstigeren Preise. Allerdings gaben 40 Prozent aller Last-Minute-Urlauber auch an, gar nicht längerfristig planen zu können oder zu wollen. Fast ein Drittel aller Reisenden entscheiden sich laut Umfrage in diesem Jahr buchstäblich in letzter Minute, das heißt frühestens vier Wochen vor Abflug, wohin die Reise geht.

Momentan sieht es allerdings noch schlecht aus für die Branche. Die Angst vor Terror, die Konjunkturkrise und die Irak-Krise dämpfen die Reiselust der Deutschen noch immer. Für die Sommersaison, die mehr als zwei Drittel des Geschäfts der Branche ausmache, lägen die Umsätze derzeit einstellig im Minus, sagte Laepple. Bei der aktuellen Wintersaison zeichne sich ab, dass die Umsätze des Winters 2001/2002 in etwa gehalten werden könnten. Im abgelaufenen Jahr per 31. Oktober habe es 7,4 Prozent weniger Reisende als im Vorjahr gegeben, die Pauschalreisen-Umsätze seien um 6,4 Prozent auf 16,3 Milliarden Euro zurückgegangen. Diese Entwicklungen spiegeln sich in den Zahlen der Reisebüros wider: nur 25,4 Prozent konnten laut einer Umfrage des DRV vom Februar ihren Gewinn gegenüber dem Vorjahr steigern, bei 24,7 Prozent sei er gleich geblieben.

Den Hauptgrund für die schlechten Zahlen sieht Laepple in der allgemeinen Wirtschaftskrise. „Konsumzurückhaltung und Angstsparen im Zuge der wirtschaftlichen Talfahrt im Inland und die Furcht um Arbeitsplätze – das ist und bleibt unser Hauptproblem“, sagte Laepple.

Der DRV-Präsident äußerte aber auch scharfe Kritik an Billigfliegern und dem Trend zu billigen Pauschalreisen, die direkt über Discounter wie Tchibo und nicht über Reisebüros verkauft werden. Da die Billigflüge hauptsächlich über das Internet gebucht werden, nehmen auch sie den Reisebüros Kunden weg. Der Chef des weltweit größten Touristikkonzerns Tui, Michael Frenzel, hatte erst am Wochenende in einem Zeitungsinterview angekündigt, dass die Tui den Vertrieb von Reisen der Tui-Tochter „Berge & Meer“ mit Aldi ins Auge fasse. „Wir müssen aufpassen, dass die Pauschalreise im Bewusstsein der Bevölkerung nicht zum Wühltischprodukt verkommt“, sagte Klaus Laepple.

DRV kritisiert Billigflieger

Die in den vergangenen Monaten auch in Deutschland gewachsene Zahl der Billigfluggesellschaften kritisierte Laepple als „Neuer Markt der Lüfte“. Er zweifelte die Bilanzzahlen der irischen Gesellschaft Ryanair an. Ein Halbjahres-Gewinn von 152 Millionen Euro nach Steuern bei einem Umsatz von 450 Millionen Euro bedeute eine Umsatzrendite von 32 Prozent. „Da kann etwas nicht stimmen“, sagte Laepple. Ziel der Branche müsse sein, ein gutes Preis-Leistungsverhältnis zu schaffen, um die Kunden wieder anzulocken. Insgesamt seien die Preise für Pauschalreisen „auf breiter Front“ um neun Prozent gesenkt worden. Das heiße aber nicht, dass auch die Qualität sinke.

Obwohl sie insgesamt weniger reisen, lassen sich viele Deutsche jedoch nicht davon abschrecken, in islamische Länder zu fahren. Vor allem Ägypten und die Türkei verzeichneten laut DRV in diesem Jahr Zuwächse – während Griechenland, Marokko, oder die Balearen Rückgänge hinnehmen mussten. Deutschland bleibt nach wie vor beliebtestes Reiseziel der Deutschen.

Ein positives Signal soll ab Freitag von der ITB ausgehen: Auf der Branchenschau werden nach Angaben der Messe Berlin 9971 Aussteller erwartet. Dies ist ein Plus von drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nach ihrer Absage im vergangenen Jahr beteiligen sich in diesem Jahr auch Thomas Cook und die Deutsche Lufthansa wieder an der weltgrößten Tourismus-Börse.

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