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Wirtschaft: Reisebüros kuschen vor der Lufthansa

Die Mehrzahl akzeptiert den Wegfall der Ticket-Provisionen / KLM und Air France ziehen am 1. Oktober nach

Berlin (fw). Eine Mehrheit der deutschen Reisebüros hat die Provisionsstreichungen der Lufthansa akzeptiert. „Über 80 Prozent unserer Umsätze sind jetzt unter Dach und Fach“, sagte eine LufthansaSprecherin am Montag. Die Lufthansa will den Reisebüros ab dem 1. September die Provision in Höhe von fünf bis sieben Prozent des Ticketpreises streichen. Am vergangenen Samstag war die Frist für die Annahme der neuen Konditionen abgelaufen – den anderen Reisebüros, die nicht unterschrieben haben, will die Lufthansa die Lizenzverträge für den Verkauf ihrer Flugscheine kündigen. Experten sagen, dass die Fluggesellschaft mit den Provisionsstreichungen bis zu 100 Millionen Euro sparen würde.

Die Boykottaktion beeindruckte die Lufthansa am Montag nicht. „Wir rechnen nicht damit, dass es zu Buchungseinbrüchen kommt“, sagte die Sprecherin. Mehrere hundert Reisebüros hatten geplant, von Montag bis Mittwoch aus Protest keine Lufthansa-Tickets zu verkaufen. Die Branche läuft Sturm gegen die neuen Vertragsbedingungen, weil sie hohe Arbeitsplatzverluste fürchten. „Die Lufthansa erwartet, dass wir jetzt bei den Kunden Preiserhöhungen durchdrücken“, sagte der Präsident des Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter-Verbands (DRV), Klaus Laepple, dem Tagesspiegel. Die Reisebüros müssen nun ohne die Provision auskommen – oder sie als „Servicegebühr“ von den Kunden verlangen. In welcher Höhe, steht ihnen frei. Damit wird der Wettbewerb zwischen den Reisebüros erheblich zunehmen, da ihnen diese feste Einnahme nun entfällt. Die Tickets, die man direkt bei der Lufthansa via Internet oder Telefon kauft, werden ebenfalls teurer: 30 Euro für innerdeutsche und europäische Flüge, 45 Euro bei interkontinentalen Flügen.

Tui fordert Kostenbeteiligung

Die Tui mit ihren 460 Filialen hat den Vertrag am Samstag ebenfalls unterschrieben, sagte eine Sprecherin. Allerdings mit einem Begleitschreiben und „unter rechtlichen Vorbehalten“. Die Lufthansa müsse sich an den Kosten für die Umstellung beteiligen, forderte die Sprecherin. „Wir waren aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, zu unterschreiben“, sagte die Sprecherin. Die Lufthansa verkauft 92 Prozent ihrer Tickets über Reisebüros. Die Lufthansa hatte den Agenturen bereits angeboten, eine Anreizsumme bis Dezember 2005 zu zahlen sowie die Kosten für Systemumstellungen und neue Software zu übernehmen. In Skandinavien und den USA ist das so genannte „Nettopreismodell“ schon eingeführt worden. Laut DRV haben in den USA deshalb ein Drittel der Filialen zugemacht, 55 000 Arbeitsplätze seien verloren gegangen. Wenn die Lufthansa ihr Modell in Deutschland durchsetzt, würden die anderen Fluggesellschaften nachziehen, sagte Laepple. Air France und KLM wollen zum ersten Oktober ebenfalls ein Nettopreismodell in Deutschland einführen, sagten Firmensprecher dem Tagesspiegel. KLM plant dasselbe für die Niederlande im Jahr 2005. „Wir müssen uns jeweils an die nationalen Entwicklungen anpassen, damit wir konkurrenzfähig bleiben, sagte die Air-France-Sprecherin.

Der DRV will jetzt rechtlich gegen die Lufthansa vorgehen und eine Klage vor dem Landgericht Köln einreichen. Grundlage dafür sei das Handelsrecht, sagte DRV-Sprecher Christian Boergen. Schließlich seien die Reisebüros Handelsvertreter für die Lufthansa, und müssten deshalb auch eine Provision erhalten. Es bestehe ein „klarer Umgehungstatbestand“, sagte Boergen. Die Lufthansa und auch die Reisebüros stehen noch immer unter großem Druck, weil die Deutschen infolge des Irak-Krieges, des Terrors, Sars und der schwachen Konjunktur immer weniger reisen. Die Lufthansa hat bereits ein Sparprogramm von 1,2 Milliarden Euro aufgelegt, um dem Wettbewerb unter diesen Bedingungen standhalten zu können.

Dazu kommen die inzwischen zahlreichen Billigflieger, die vor allem am Vertrieb sparen und ihre Tickets auch deshalb so günstig verkaufen können, weil sie eben nicht den Weg über die Reisebüros gehen, sondern ihre Flugscheine nur über das Internet verkaufen.

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