zum Hauptinhalt

Reiserechtsexperten: Hohe Erfolgsquoten

Internetportale bieten Kunden Hilfe an, wenn sie gegen die Fluggesellschaften vorgehen wollen.

Von Maris Hubschmid

Eine erschreckende Zahl: Mehr als 75 Prozent der Fluggäste haben von den Airlines ihnen gesetzlich zustehende Entschädigungen nicht bekommen. Das hat eine Online-Umfrage der Verbraucherzentralen im Jahr 2010 ergeben. Viel verbessert hat sich seitdem nicht, wissen Reiserechtsexperten. „Der Otto-Normalverbraucher wird meist abgewimmelt“, sagt Oliver Brexl. Brexl ist Rechtsanwalt bei der Berliner Kanzlei JBB, die im Auftrag von Geschädigten Ansprüche gegenüber Airlines geltend macht. JBB betreut laufend mehrere tausend solcher Fälle. „Im Antwortschreiben steht dann völlig unkonkret: Es lagen außergewöhnliche Umstände vor.“ Nicht selten versuchten die Unternehmen auch, die Kunden mit Reisegutscheinen geringeren Werts abzuspeisen. Brexl ist auf Flugausfälle spezialisiert und kann nach eigenen Angaben „in weit über 90 Prozent der Fälle“ eine Zahlung erstreiten.

Seit Jahren warten Fluggäste darauf, dass sie sich bei einem Streit mit der Airline an eine Schlichtungsstelle wenden können. Doch noch gibt es eine solche, auf Flugreisen spezialisierte Schiedsstelle nicht. Stattdessen bieten Fluggastrechtsportale wie EU-Claim, flightright oder fairplane den Kunden ihre Hilfe an. Auf der Website von EU-Claim können Betroffene zunächst prüfen, ob ihre Forderung aussichtsreich ist und nicht tatsächlich höhere Gewalt im Spiel war. Dazu sammelt das Portal Flug- und Wetterdaten. „Wir speichern jeden Tag drei Millionen Daten“, sagt Geschäftsführer Jan Rameken. Hat der Antrag Aussicht auf Erfolg, wenden sich die Experten statt der Passagiere an die Airlines. Oft versuchen sie zunächst, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Scheitert das, werden Anwälte eingeschaltet, die notfalls vor Gericht gehen. „In rund 80 Prozent der Fälle kommt es dazu“, sagt Rameken. Wird am Ende gezahlt, kassiert das Fluggastportal rund ein Drittel der Entschädigung. Der Passagier erspart sich dafür die Bürokratie und geht kein finanzielles Risiko ein. Die Portale kümmern sich nicht nur um Flugausfälle, sondern auch um Verspätungen, Überbuchungen oder verpasste Anschlussflüge. „20 Prozent der Menschen, die sich bei uns melden, haben vorher schon allein vergeblich versucht, etwas zu erreichen“, sagt Philipp Kadelbach, Gründer und Rechtsexperte bei flightright. Die Fluggastportale haben eine hohe Erfolgsquote, die schätzungsweise zwischen 80 und 95 Prozent liegt.

Hilfe bieten auch die Verbraucherzentralen. Die Seite www.vz-berlin.de/transport listet die Ansprüche der Kunden je nach Verspätung und Strecke auf. Unter der Telefonnummer 030/214 85-150 kann man einen persönlichen Beratungstermin vereinbaren. Eine 20-minütige Reiserechtsberatung kostet 20 Euro. Unter der Nummer 0900-1 8877 100 berät die Verbraucherzentrale zudem Reisende telefonisch für 1,86 Euro pro Minute.

Allein beim Gericht in Rüsselsheim, das für den Flughafen Frankfurt zuständig ist, sind im vergangenen Jahr 2224 Klagen zu Fluggastrechten eingegangen. 426 Klagen gab es zu Verbindungen ab dem Flughafen Schönefeld. Anspruch auf Entschädigung hätten aber jeden Tag rund 5000 Fluggäste in Deutschland. „Etwa ein Prozent aller Verbindungen wird annulliert“, sagt Rameken von EU-Claim.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false