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Mehr beim Staat. Gutes Wachstum und stabiler Arbeitsmarkt lassen die staatlichen Einnahmen sprudeln.

© picture alliance / dpa

Rekordüberschuss: Deutschland schwimmt im Geld – noch

Der Staat hat 2015 ein Rekordplus geschafft. Kommunen, Ökonomen und Manager glauben allerdings: Das bleibt nicht so.

So gut waren die Zahlen lange nicht mehr. Die öffentlichen Kassen waren 2015 so prall gefüllt wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Der stabile Arbeitsmarkt hat der Sozialversicherung im vergangenen Jahr ordentliche Beiträge beschwert, Verbraucher und Unternehmer haben die Kassen des Bundes, der Länder und Kommunen mit ihren Steuern gut gefüllt. Mit einem Überschuss von 19,4 Milliarden Euro erzielte der Staat 2015 ein Plus von 0,6 Prozent der Wirtschaftsleistung und ist damit weit entfernt von der Schuldenobergrenze, die die Europäische Union erlaubt.

Nach den Maastricht-Kriterien dürfen die Mitgliedstaaten ein Defizit von drei Prozent machen, ohne die Euro-Stabilitätskriterien zu verletzen.

Der Staat schwimmt im Geld

Davon ist Deutschland derzeit weit entfernt. Im Gegenteil: Der Staat schwimmt im Geld. Das gilt vor allem für den Bund, der einen Überschuss von 10,3 Milliarden Euro schaffte, gefolgt von der Sozialversicherung mit 4,8 Milliarden Euro. Die Kommunen freuen sich darüber, dass sie ihr 2,4 Milliarden-Euro-Defizit aus dem Vorjahr eingeholt haben, sehen aber mit Sorge in die Zukunft. „Die Unterschiede in der kommunalen Finanzsituation werden immer gravierender“, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, dem Tagesspiegel.

Trotz des bundesweiten Überschusses in den Kommunalhaushalten seien die Kassenkredite, mit denen kommunale Aufgaben vorfinanziert werden, 2015 auf fast 52 Milliarden Euro und damit auf einen Rekordwert gestiegen, betonte Landsberg. „In vielen Städten und Gemeinden verschlechtert sich die finanzielle Lage zusehends, trotz der sehr guten Wirtschaftslage.“

Kosten der Flüchtlingspolitik decken?

Unklar sei, ob der Haushaltsüberschuss reiche, um die Kosten der Flüchtlingspolitik für die kommunalen Haushalte zu decken. Der Grund: Die Flüchtlinge kommen mit ihrer Anerkennung als Asylberechtigte in den Genuss der allgemeinen Sozialleistungen, die von den Kommunen finanziert werden. Allein für die Kosten der Unterkunft rechnet der Städte- und Gemeindebund mit anfänglichen Kosten von 600 bis 800 Millionen Euro im Jahr. „Die migrationsbedingten Mehrkosten in den Sozialsystemen muss der Bund übernehmen“, forderte Landsberg, „Dies ist keine kommunale Aufgabe“.

Auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht die „teuren Wahlgeschenke der vergangenen Jahre und die zusätzlichen Ausgaben für Flüchtlinge“ als Belastung für die Haushalte, auch des Bundes. Zwar werde der Bund auch 2016 durch die hohen Steuereinnahmen und Rücklagen die „schwarze Null“ noch erreichen können, sagte Fratzscher dem Tagesspiegel, aber 2017 könnte der Bundeshaushalt nicht nur die schwarze Null verfehlen, sondern auch die Vorgaben der Schuldenbremse brechen, warnte Fratzscher.

Manager machen sich Sorgen

2015 habe der Staat nicht nur von hohen Steuereinnahmen, dem guten Arbeitsmarkt und der soliden Wirtschaftsleistung profitiert, sondern auch von den niedrigen Zinsen für die Staatsschulden. „Ohne die niedrigen Zinsen wäre der Staatshaushalt bereits heute deutlich im Defizit“, meint Fratzscher.

Auch Deutschlands Manager machen sich Sorgen. Die schlappe Weltkonjunktur, die jüngsten Börsenturbulenzen und der drohende Austritt Großbritanniens aus der EU drückt auf die Stimmung. Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel im Februar um 1,6 auf 105,7 Punkte – der dritte Rückgang in Folge. „Die Sorgen der deutschen Wirtschaft werden größer, inbesondere in der Industrie“, sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Dienstag.

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