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© Foto. dpa

Rekordumsatz: Glück auf für Nokia - Schlappe für Bochum

Der finnische Mobiltelefonhersteller sorgt weiter für Aufregung: Das Unternehmen präsentiert heute der Öffentlichkeit seine Geschäftszahlen - ein bombastisches Ergebnis wird erwartet. Die nordrhein-westfälische Regierung nutzt die Schlacht derweil für einen persönlichen Schlagabtausch.

Vor der erwarteten Präsentation eines Rekordgewinnes beharrt die Nokia-Spitze auf ihre Schließungspläne für das Bochumer Werk mit 2300 Beschäftigten. Trotz Dauerkritik, Boykottaufrufen und eines absehbar deutlichen Gewinnsprungs im vergangenen Geschäftsquartal begründete Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo in Interviews die Verlagerung der Produktion nach Osteuropa mit den hohen Lohnkosten in Bochum. Aussagen zum Umsatzanteil der Bochumer Produktion machte er jedoch nicht.

Ansehen der Marke berücksichtigen

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) rief die Nokia-Führung auf, die Verlagerung der Handy-Fertigung sozialverträglich zu gestalten. Der Bochumer Betriebsrat hielt dem finnischen Handy-Weltmarktführer Managementfehler vor. Nokia habe Überkapazitäten geschaffen und zu wenig attraktive neue Produkte entwickelt. Bundeswirtschaftsminister Glos sagte, grundsätzlich könne die Bundesregierung solche Betriebsverlagerungen im Zuge der Globalisierung nicht verhindern. Er erinnerte daran, dass Deutschland bisher "Profiteur“ der Globalisierung gewesen sei. Zugleich riet er dem Management, bei seinen Entscheidungen immer auch auf das Ansehen der Marke bedacht zu sein.

Keine eiskalte Abwicklung, sondern Gespräche

Einer Umfrage des Magazins "Stern“ nach wollen sich 56 Prozent der Deutschen an einem möglichen Nokia-Boykott beteiligen. Branchenkreisen zufolge gibt es bei Verkaufszahlen von Nokia-Handys bislang aber keine Anzeichen für eine Abschwächung. Allerdings will die Bonner Stadtverwaltung aus Solidarität mit den Beschäftigten die Nokia-Handys gegen Mobiltelefone anderer Marken austauschen. Gleich 400 Nokia-Mobiltelefone wollen die Bonner Stadtwerke auswechseln. Nokia veröffentlicht heute die Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr bei einer Pressekonferenz in Espoo nahe Helsinki. Medien hatten berichtet, dass Konzernchef Kallasvuo aus Angst vor der massiven Medienkritik die bisher in jedem Jahr übliche Pressekonferenz gestrichen habe. Das Unternehmen bestritt dies.

Nokia-Chef Kallasvuo räumte Fehler bei der Vermittlung der Pläne zur Werksschließung ein. "Ich muss sagen, wir hätten das viel besser machen müssen“, sagte Kallasvuo dem "Handelsblatt“. "Aber wir werden jetzt mit den Betroffenen diskutieren und wirklich nach Lösungen suchen. Wir werden das in einer Art und Weise machen, die nicht mehr als "eiskalt“ empfunden wird“, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Dabei solle auch über Möglichkeiten geredet werden, wie Nokia sich in der Region Bochum engagieren könne.

Das Prinzip Hoffnung

Auch in der NRW-Landespolitik schlug die geplante Schließung des Bochumer Nokia-Werks weiter hohe Wellen: In einer Landtagsdebatte kritisierte die SPD-Fraktionsvorsitzende Hannelore Kraft, die Regierung habe "keinen Plan, kein Konzept, keine Strategie“, um Krisen wie jene bei Nokia zu verhindern. „Sie verlassen sich ganz auf das Prinzip Hoffnung“. Ministerpräsident Rüttgers (CDU) warf der Opposition vor: "Sie haben Lust an der Krise.“ Er begrüßte die Bereitschaft von Kallasvuo, über Alternativen für den Standort Bochum zu reden. "Wir sollten diese Chance nutzen, mit ihm darüber zu reden, was das konkret bedeutet und für wie viele Menschen das konkret am Standort Bochum eine Zukunft bedeutet.“ (liv/dpa)

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