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Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt aktuell bei 64,2 Jahren.

© Gina Sanders/ Fotolia

Rente mit 67: Länger Arbeiten ist kein Allheilmittel

Eine Studie offenbart: Ein Herumdoktern an der gesetzlichen Rente kann die demografischen Folgen nur wenig abmildern. Was zählt, ist etwas anderes.

Mit der Altersvorsorge verhält es sich wie mit einem dreirädrigen Motorrad; drei Achsen halten das große Ganze zusammen. Was beim schnellen Gefährt die drei Räder, sind bei der Rentenversicherung die drei Säulen aus gesetzlicher, betrieblicher sowie privater Altersvorsorge. In beiden Fällen gilt: Nur wenn alle drei Achsen stabil sind, kippt das Ganze nicht um.

Vor allem die gesetzliche Säule der Rentenversicherung droht ins Wanken zu geraten. Die Menschen werden immer älter, im Gegenzug kommen immer weniger Kinder zur Welt. Immer weniger Arbeitnehmer stehen einer zunehmenden Zahl an Rentnern gegenüber. Bereits im Jahr 2030 soll fast jeder dritte Deutsche im Rentenalter sein. Die einst von der Großen Koalition eingeführte Rente mit 67 hat sich zum Ziel gesetzt, die Folgen des demografischen Wandels abzumildern. Schrittweise soll das Renteneintrittsalter von einst 63 auf 67 bis zum Jahr 2030 angehoben werden. Viele erhoffen sich davon, dass das Rentenniveau - also das Verhältnis des Durchschnittsverdienstes zur Rente - dadurch weniger stark ab- und der Beitragssatz nicht stärker zunimmt. Doch daran gibt es Zweifel, die Rente ist ein Wahlkampfthema.

Mit 67 in den Ruhestand? Die Effekte sind gering

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat nun bei Prognos eine Studie in Auftrag gegeben, was wäre, wenn das Renteneintrittsalter im Jahr 2030, wie gesetzlich vorgesehen, tatsächlich bei 67 Jahren läge. Am Montag ist das Zahlenwerk in Berlin vorgestellt worden. Die Ergebnisse offenbaren, dass ein Herumdoktern an der gesetzlichen Rentenversicherung zwar kleine, aber wenig nennenswerte Effekte auf Rentenniveau und Beitragssatz hat.

Die Forscher gehen davon aus, dass auch zukünftig zwischen gesetzlichem und tatsächlichem Renteneintrittsalter eine Lücke klaffen wird. "Im Tempo der derzeitigen Entwicklung steigt es bis 2030 auf 65 Jahre", schreiben sie. Vor dem Hintergrund dieser Prognose ist in der Studie untersucht worden, welche Entwicklung Rentenniveau und Beitragssatz tatsächlich nähmen, wenn im Jahr 2030 die Rente mit 67 die Regel wäre. Zurzeit liegt das durchschnittliche Renteneintrittsalter bei 64,2 Jahren.

Für den Ist-Zustand und einen Renteneintritt bis 2030 auf 65 kommen die Forscher zu folgendem Ergebnis: Sollte der Status Quo beibehalten werden, würde der Rentenversicherungsbeitrag von heute 18,7 Prozent auf 21,9 (2030) bzw. 23,7 Prozent (2040) ansteigen. Das Rentenniveau würde auf 44,1 (2030) bzw. 41,7 Prozent (2040) absinken (2015: 48,1 Prozent).

Etwas anders sähen die Werte aus, wenn der Eintritt in den Ruhestand bis zum Jahr 2030 tatsächlich bei 67 Jahre läge: Hier sieht die Prognos-Prognose einen Beitragssatz von 21,0 (2030) bzw. 23,4 Prozent (2040), das Rentenniveau würde 45,2 (2030) bzw. 43,1 Prozent (2040) betragen.

Was auf den ersten Blick wie ein großer Unterschied aussieht, stellt sich auf den zweiten Blick etwas anders dar, beispielsweise hinsichtlich des Rentenbeitragssatzes. 2030 läge der für die Rente mit 67 lediglich 0,9 Prozentpunkte niedriger als es beim Ruhestand mit 65. Anschaulicher wird dieser geringe Diskrepanz, wenn man sich die Unterschiede bei der Jahresdurchschnittsrente für 2030 anschaut: Bei der Arbeit bis 67 läge die jährliche Rente bei bei 14.486 EUR, dies sind gerade einmal knapp 200 Euro mehr, als wenn das Eintrittsalter bei 65 liegt (14.292 Euro). Pro Monat sind das nur etwa 16,60 Euro mehr.

"Je länger die geburtenstarken Jahrgänge arbeiten, desto besser"

Dennoch werben GDV und Prognos für längeres Arbeiten. "Je länger die geburtenstarken Jahrgänge arbeiten, desto besser", sagte Oliver Ehrentaut von der Prognos AG. Er verwies unter anderem darauf, dass die Rente mit 67 nicht nur für die Beitragszahler von Vorteil ist, sondern auch für den Arbeitsmarkt und das Portemonnaie der Steuerzahler.

Davon einmal abgesehen, gestand GDV-Präsident Alexander Erdland aber ein, dass die Rente mit 67 beileibe kein Allheilmittel ist. "Die Probleme der Altersvorsorge werden dadurch nicht vollends gelöst", sagte er. Ehrentraut pflichtete ihm bei: "Wir können den demografischen Wandel mit einem höheren Renteneintrittsalter nicht besiegen." Eine Abmilderung hingegen sei möglich.

Unterm Strich hat die Rente mit 67 also zwar positive Effekte. Als alleiniges Mittel, den Folgen des demografischen Wandels entgegenzutreten, sehen die Fachleute sie aber nicht. Ein Herumdoktern an der gesetzlichen Säule der Rentenversicherung hat hier kaum Auswirkungen. Das sagte auch GDV-Präsident Erdland, der daran appelliert, auch die private und betriebsbedingte Säule einzubeziehen. Kurzum: Nur wenn man alle drei Säulen der Altersvorsorge in den Blick nimmt, steht das Rentensystem auch in Zukunft auf einem stabilen Fundament.

Daniel Godeck

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