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Wirtschaft: Rentenerhöhung fällt 2004 vermutlich aus

Nach Spitzengespräch zwischen Finanzminister Eichel und Sozialministerin Schmidt gibt es keine Alternative mehr

Berlin (ce/uwe). Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Finanzminister Hans Eichel (SPD) haben sich nach Informationen des Tagesspiegel gestern Abend getroffen, um den Sparbeitrag des Sozialministeriums bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen zu diskutieren. Zu Redaktionsschluss lag das Ergebnis dieser Gespräche noch nicht vor.

Eichel erwartet von der Ministerin einen Beitrag zur Haushaltssanierung in Höhe von bis zu sieben Milliarden Euro. Schmidt will zwar im kommenden Jahr in den Sozialversicherungssystemen deutlich sparen, das Geld aber nicht im Bundeshaushalt abliefern. Stattdessen will das Sozialministerium das Geld nutzen, um die Beitragssätze zur Rentenversicherung stabil zu halten. Eichel hatte am vergangenen Freitag das Vorziehen der Steuerreform auf das kommende Jahr davon abhängig gemacht, dass die Ministerkollegen im kommenden Jahr bei ihren Etats insgesamt 15 Milliarden Euro sparen.

Im Vorfeld der Gespräche hieß es in Regierungskreisen, dass Eichel bei der Ministerin kaum erfolgreich sein dürfte: „Es geht nicht beides – die Beitragssätze senken und zugleich den Haushalt sanieren“, hieß es. Ulla Schmidt hat sich längst öffentlich festgelegt: Sie will die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bei 19,5 Prozent um jeden Preis stabilisieren.

Im Sozialbereich werden daher vor allem die Rentner getroffen. Der Tagesspiegel erfuhr aus Regierungskreisen, dass inzwischen so gut wie fest steht, dass im kommenden Jahr die Rentenanpassung ausfallen werde. Als Alternativen zur Rentenanpassung stünden nur politisch nicht durchsetzbare Posten zur Verfügung: Einschnitte bei der Anpassung ostdeutscher Rentner, bei den Kindererziehungszeiten oder bei den Invalidenrenten. Da sei aber nichts zu machen.

Rentenexperten rechnen damit, dass die reguläre Rentenanpassung im kommenden Jahr bei etwas mehr als einem Prozent liegen müsste. Für die Rentenversicherungsbeiträge würde ein Aussetzen der Anpassung nach Expertenschätzungen etwa 0,1 Beitragsprozentpunkte bringen. Normalerweise werden die Altersbezüge zum 1. Juli jeden Jahres erhöht. „Wenn die Regierung den Beitragssatz stabil halten will, kann ich mir nicht vorstellen, dass es im kommenden Jahr eine Rentenanpassung geben wird“, sagte der Rentenexperte Bert Rürup, der die Regierungskommission zur Nachhaltigkeit der Finanzierung der Sozialversicherungen leitet, dieser Zeitung.

Nach Einschätzung von Rürup wird Ministerin Schmidt etwa vier Milliarden Euro Ersparnisse bei den Ausgaben der Rentenversicherung erwirtschaften müssen, um im kommenden Jahr den Beitragssatz zur Rentenversicherung stabil zu halten. Liefert Schmidt dieses Geld zur Sanierung des Bundeshaushaltes ab, werde der Rentenbeitragssatz mindestens auf 19,8 Prozent oder sogar mehr steigen müssen, schätzt Rürup. Die Agenda 2010 des Kanzlers ziele über die Reform der Sozialversicherungen auf niedrigere Lohnnebenkosten: „Wenn der Senkung der Lohnnebenkosten aus Beschäftigungsgründen richtigerweise ein so hoher Stellenwert beigemessen wird, dann sollten alle Konsolidierungsbemühungen in den Sozialversicherungen auch zur Senkung der Beitragssätze verwendet werden und nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern. Hier besteht zumindest kurzfristig ein massiver Konflikt. Man darf die Idee der Agenda nicht dem kurzfristigen Ziel der Haushaltskonsolidierung opfern – so schwer dies auch fällt", sagte Rürup.

Auch Gert G. Wagner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) findet, dass das Aussetzen der Rentenanpassung nur dann sinnvoll ist, wenn die Beitragszahler damit direkt entlastet würden und Eichel auf das Geld verzichtet. „Dann wäre das ein Solidarbeitrag der Älteren, der den Jüngeren Luft zum Atmen und für eine eigene private Vorsorge schaffen würde“, sagte Wagner.

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