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Wirtschaft: Rentenreform: Pensionsfonds für deutsche Bauarbeiter

Vor der Verabschiedung der Rentenreform herrschte vor allem bei der Versicherungsbranche, die ihre Produkte zur privaten Altersvorsorge gesetzeskonform anbieten und ihre Vertreter dementsprechend instruieren muss, Nervosität. Arbeitnehmer sollen bekanntlich demnächst bis zu vier Prozent ihres Bruttoeinkommens privat für die Altersvorsorge aufbringen, erhalten aber je nach Familienstand staatliche Zuschüsse von 300 Mark pro Person (600 Mark für Verheiratete) und 360 Mark pro Kind im Jahr.

Vor der Verabschiedung der Rentenreform herrschte vor allem bei der Versicherungsbranche, die ihre Produkte zur privaten Altersvorsorge gesetzeskonform anbieten und ihre Vertreter dementsprechend instruieren muss, Nervosität. Arbeitnehmer sollen bekanntlich demnächst bis zu vier Prozent ihres Bruttoeinkommens privat für die Altersvorsorge aufbringen, erhalten aber je nach Familienstand staatliche Zuschüsse von 300 Mark pro Person (600 Mark für Verheiratete) und 360 Mark pro Kind im Jahr. Ungeduldig sind auch die Gewerkschaften, die ihren Mitgliedern Pensionsfonds für die betriebliche Altersvorsorge anbieten wollen.

Besonders ärgerlich ist eine Gewerkschaft, die im Gegensatz zu anderen mit ihrem Altersvorsorgemodell eigentlich startklar ist: Die Industriegewerkschaft Bauen, Agrar und Umwelt (IG Bau) hat mit den zuständigen Arbeitgebern im Baugewerbe bereits einen Vertrag über eine "Tarifzusatzrente" abgeschlossen.

Nach diesem Modell werden die vermögenswirksamen Leistungen ("936-Mark-Gesetz") zum Aufbau einer ergänzenden Altersvorsorge eingebracht. Jedoch muss der Arbeitnehmer pro Monat 18 Mark zu den 60 Mark des Arbeitgebers hinzulegen, um auf den vollen Satz von 78 Mark (im Jahr 936 Mark) zu kommen. Diese Beträge gelten für die alten Bundesländer, die neuen hinken mit 20 Mark (Arbeitgeber) und sechs Mark (Arbeitnehmer) noch hinterher, doch kommen die Arbeitnehmer dort überhaupt zum ersten Mal in den Genuss der vermögenswirksamen Leistungen. Der Bau-Arbeitnehmer kann die Anlage des Geldes bei der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (ZVK) verlangen. Diese bereits seit 1957 bestehende und paritätisch geführte Sozialkasse der Tarifparteien im Baugewerbe gilt als unauffälliges aber grundsolides Unternehmen, das beständig Renditen über sieben Prozent erzielt und einen Deckungsstock von sechs Milliarden Mark aufweist. Schon bisher können Beschäftigte im Baugewerbe Westdeutschlands eine Zusatzrente dieser Sozialkasse in Höhe von maximal 190 Mark monatlich in Anspruch nehmen. Alle Baubetriebe müssen dafür 1,65 Prozent der Bruttolohnsumme in die ZVK einbezahlen. Nun hat die jetzt als Sozialkasse Bau (Soka Bau) firmierende Versorgungskasse für die tarifliche Zusatzrente einen neuen Ableger gegründet, eine Pensionskasse, die als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit firmiert.

Diese Pensionskasse sammelt die in Beiträge umgewandelten vermögenswirksamen Leistungen ein und legt sie nach den (konservativen) Bestimmungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen rentierlich an. "Da gibt es keine Chance zum Zocken, der gesetzliche Rahmen und die paritätische Verwaltung garantieren ein Höchstmaß an Sicherheit", zerstreut IG-Bau-Pressesprecher Michael Knoche Befürchtungen, dass Beitragszahler sich um ihr Geld Sorgen machen müssten. Es dürfen zum Beispiel nur 30 Prozent des Anlagevermögens in Aktien angelegt werden. Tatsächlich stecken derzeit nur 9,5 Prozent der Mittel in Aktien und Investmentanteilen. Die jährlichen Verwaltungskosten betragen gerade mal 1,2 Prozent und es fallen keine Vertreterprovisionen an. Es gibt für die tarifliche Zusatzrente fünf unterschiedliche Varianten. Der Grundtarif garantiert eine reine Altersrente ohne Erwerbsunfähigkeits- und Witwenrente, die anderen Tarife enthalten eines oder beide anderen Elemente in unterschiedlicher Ausprägung. Allein schon die einfache Altersrente könnte (bei 78 Mark Monatsbeitrag) nach der Rechnung der Pensionskasse bei einer geschätzten Verzinsung von sieben Prozent nach 42 Beitragsjahren bei rund 1138 Mark liegen. Der Arbeitnehmer kann freiwillig seinen Beitrag aus eigener Tasche erhöhen und damit die Altersvorsorge auf beträchtliche Höhe steigern. Die Pensionskasse könnte ab sofort für rund eine Million Beschäftigte des Bauhauptgewerbes die Möglichkeit bieten, eine tarifliche Zusatzrente anzusparen und zugleich die "Riester-Prämie" in Anspruch zu nehmen. Friedrich Gastell, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie und Sozialexperte, unterstreicht, dass die Arbeitgeber im Einklang mit den Gewerkschaften die Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages beantragen werden. "Es macht nur Sinn", sagt Gastell, "wenn alle mitmachen". Die Arbeitgeber hätten dabei honoriert, dass die Gewerkschaft in der Tarifrunde auf gut einen halben Prozentpunkt Lohnzuwachs verzichtet hat, um die Zusatzrente zu erreichen. IG-Bau-Vize Ernst-Ludwig Laux ist sicher, dass sich auch andere Branchen für das Modell interessieren: "Nicht nur Arbeitnehmer profitieren von der tariflichen Zusatzrente. Weil die Pensionskasse überbetrieblich organisiert ist, erspart sie den überwiegend mittelständischen Baufirmen den Aufwand für eine eigene betriebliche Altersvorsorgung." Und, so unterstreicht Laux, "wir haben paritätische Fonds, das bedeutet auch Einfluss bei der Gestaltung der Produkte." Neuerdings haben auch andere Kollegen das Bau-Modell als Vorbild entdeckt. IG-Metall-Vize Jürgen Peters hat angekündigt, dass seine Gewerkschaft eine tarifvertragliche Einigung über eine kapitalgedeckte Zusatzvorsorge anstrebt. Die Arbeitgeber denken noch darüber nach, ob sie einen Pensionsfonds oder lediglich die Möglichkeit der individuellen Gehaltsumwandlung akzeptieren wollen.

Heinz Siebold

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