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Wirtschaft: Reprivatisierung: Abschied von der Börse

Viele Unternehmen in Deutschland fühlen sich an der Börse offenbar nicht mehr gut aufgehoben und denken über eine so genannte "Public-to-Private"-Transaktion nach - also das Streichen vom Kurszettel. Dabei handelt es sich nicht um Firmen, die unter der Baisse am Neuen Markt leiden, sondern um traditionsbewusste Konzerne, die meist im M-Dax oder S-Dax notieren und bei denen Familien das Sagen haben.

Viele Unternehmen in Deutschland fühlen sich an der Börse offenbar nicht mehr gut aufgehoben und denken über eine so genannte "Public-to-Private"-Transaktion nach - also das Streichen vom Kurszettel. Dabei handelt es sich nicht um Firmen, die unter der Baisse am Neuen Markt leiden, sondern um traditionsbewusste Konzerne, die meist im M-Dax oder S-Dax notieren und bei denen Familien das Sagen haben. Prominente Fälle waren zuletzt der Kfz-Zulieferer Kiekert oder der Batterieheresteller Varta.

Für die Reprivatisierung sehe man eine große Zukunft in Deutschland, erläuterte Hartmuth A. Jung, Vorstandssprecher der UBS Warburg AG, am Dienstag in Frankfurt. Bis zu 100 Unternehmen aus der Old Economy - etwa aus den Bereichen Papier, Baustoffe oder Metall - sähen keinen Sinn mehr in einem Börsenlisting, da der Aktienkurs trotz wirtschaftlichen Erfolges gedrückt bleibe und damit etwa Kapitalerhöhungen nahezu unmöglich würden. Das wieder erwachte Interesse vieler Investoren an werthaltigen Titeln werde den Trend verzögern, aber nicht umkehren, sagte Jung.

Ein Grund für die Renaissance der unternehmerischen Privatsphäre seien die spezialisierten Wagniskapitalfonds, die im europäischen Markt mit 130 Milliarden Euro bereit stünden, um den Rückzug von der Börse über Finanzierungsmodelle zu realisieren, teilte Managing Director John Hardy mit. Die UBS habe sich dabei in der Beratung der lukrativen Deals in den vergangenen Jahren mit einem Marktanteil von knapp 30 Prozent die führende Position gesichert, auf den Rängen folgten laut Hardy die Deutsche Bank, Chase Manhattan und Rothschild.

Einen Schub für das "Going Private" erwartet UBS-Vorstandschef Jung 2002 vom neuen Übernahmegesetz. Vor allem die "squeeze-out"-Regel sei enorm wichtig. Mit ihr können die verbliebenen Minderheitsaktionäre zwangsweise abgefunden werden, wenn zuvor 95 Prozent des Kapitals angedient wurden. Bisher sind einzelne Aktionäre in der Lage, die Abfindungsangebote durch Anfechtungsklagen anzugreifen, was aus Sicht der Investmentbanker im ungünstigsten Fall den Zeitplan eines Going Private und damit das gesamte Vorhaben gefährden kann.

pk

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