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Wirtschaft: Rewe: Zielstrebig baut Hans Reischl sein Tourismusgeschäft aus

Hans Reischl hat große Pläne. In ein bis zwei Jahren, erklärte der langjährige Chef des Kölner Einzelhandelskonzerns Rewe Anfang März, sollen die hauseigenen Tourismusaktivitäten börsenfähig sein.

Hans Reischl hat große Pläne. In ein bis zwei Jahren, erklärte der langjährige Chef des Kölner Einzelhandelskonzerns Rewe Anfang März, sollen die hauseigenen Tourismusaktivitäten börsenfähig sein. Seit im deutschen Lebensmittelhandel nur noch kleine Brötchen gebacken werden, hat der deutsche Branchenführer, die Rewe Zentral AG, konsequent neue unternehmerische Akzente gesetzt und das Reisegeschäft ausgebaut. Unter dem Dach einer Holding will der 60-jährige Reischl künftig alle entsprechenden Aktivitäten bündeln und mit einem neuen Touristik-Konzern der Konkurrenz Paroli bieten. Die geeignete Führungskraft hat sich der nach außen betont zurückhaltende, aber in der Sache äußerst ehrgeizige Reischl bereits ausgesucht: den 56-jährigen Chef der Veranstalter-Tochter ITS, Dietmar Kastner, wie Reischl aus Bayern, der ITS in nur zwei Jahren sanierte. Ein Profi, der in 30 Jahren Tourismusgeschäft zahlreiche Stationen durchlaufen hat - Stationen, die Rewe künftig von noch größerem Nutzen sind - von der TUI über ADAC, Jahn Reisen, Tjaereborg bis zur ITS.

Schon 1987 gelang dem Rewe-Chef mit der Beteiligung an der Atlas Reisebüro GmbH der Einstieg ins Tourismusgeschäft. Seit fünf Jahren gehört Atlas komplett zu Rewe und präsentiert sich anders als damals in ganz gesundem Zustand. Außerdem erwarb Reischl 1995 vom Kölner Kaufhof die ITS-Reisen, die er auch auf Vordermann brachte. Mit der Übernahme der Bahntochter Deutsches Reisebüro GmbH (DER) und dem Veranstalter Dertour zu Jahresanfang gelang Rewe dann ein Durchbruch. Die überteuerte Akquisition, die sich der ambitionierte Reischl beinahe eine schlappe Milliarde kosten ließ, katapultierte den Einzelhändler auf einen Schlag auf die vorderen Plätze der deutschen Reiseveranstalter - hinter der TUI von Preussag und den Condor-Neckermann-Touristikkonzern C & N.

Im Jahr 2001 soll bereits ein nennenswerter Anteil des Gruppenumsatz von rund 75 Milliarden Mark im Tourismusgeschäft erwirtschaftet werden. Entsprechend entfällt mit 800 Millionen Mark der Großteil der für dieses Jahr geplanten Investitionen von zwei Milliarden Mark auf die Reise. Vor allem mit in- und ausländischen Reiseveranstaltern will Reischl den Abstand zur Konkurrenz verkleinern.

Mit den Reisebüros von Atlas, DER und Derpart verfügen die Kölner mittlerweile über eine schlagkräftige Vertriebsstruktur - nach der TUI ist Rewe beim Vertrieb die Nummer zwei. Und im Veranstaltungsbereich erreicht der Einzelhändler mit ITS, ITS-Billa-Reisen (Östereich) und Dertour einen Marktanteil von 12,7 Prozent. Deutlich weniger als die Konkurrenz. Preussag/Tui kontrolliert27 Prozent, C & N 22,6 Prozent.

Mit dem geplanten Einstieg beim Düsseldorfer Ferienflieger und Reiseveranstalter LTU, für den die Schweizer Sairgroup seit geraumer Zeit einen starken Partner sucht, könnte Hans Reischl den direkten Anschluss zum Top-Duo schaffen und würde C & N im Veranstalterbereich noch überflügeln (vgl. Tsp vom 19. August). Aus eigener Kraft wäre das kaum zu schaffen. Dafür akzeptiert Reischl offenbar jetzt auch die Restrisiken bei dem angeschlagenen Düsseldorfer Ferienflieger, dessen Verlustvorträge er natürlich steuerlich nutzen wird.

Ausschau hält Reischl überdies nach lukrativen Hotelengagements. Hotels sind im Reisegeschäft die wahren Perlen. Bei guten Lagen winken Renditen von bis zu 15 Prozent, während deutsche Reiseveranstalter insgesamt schon froh über vier bis fünf Prozent sein können. Das übrigens ist immer noch mehr, als der Einzelhandel zurzeit abwirft. In der letzten Bilanz erreichte Rewe nicht einmal ein Prozent Umsatzrendite vor Steuern - zum großen Ärger von Hans Reischl. ITS-Chef Dietmar Kastner über seinen Boss: "Wir arbeiten zwar sehr eigenständig, aber wenn es um die Rendite geht, ist Rewe-Chef Hans Reischl eher eine verkleidete Rasierklinge."

Martina Ohm

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