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Durchatmen. Wer die Rede geübt oder den Vortrag mit Notizen für sich strukturiert hat, braucht keine Panik.

© picture-alliance/ dpa-tmn

Rhetorikseminare: Frei sprechen

Ob lange Rede oder kurze Wortmeldung, auftreten vor Publikum ist nicht immer leicht. Rhetorikkurse helfen - Lampenfieber auch.

Nasse, zitternde Hände, rote Flecken im Gesicht, Herzrasen, die Stimme versagt – Reden vor Kollegen oder Kunden kann richtig Stress bedeuten, wird aber im Berufsleben immer wichtiger. Wer kein Wort rauskriegt bei Konferenzen oder sich ständig verhaspelt vor Aufregung bei einer Präsentationen, braucht Training. Darum gibt es zahlreiche Rhetorikkurse, die genau dort ansetzen.

DAS TRAINING
Der dringlichste Wunsch der Kursteilnehmer ist es, Nervosität und Lampenfieber zu vermeiden. „Diesen Wunsch können und wollen wir nicht erfüllen“, sagt Coach und Rhetoriktrainerin Anke Kuckuck. „Aber man kann es sich zu Eigen machen, sich der Angst stellen und vom Lampenfieber profitieren“. Denn es kann einer Rede gut tun, sie spritziger, präsenter und lebendiger machen. Durch das Adrenalin sei man hellwach, so Kuckuck. Außerdem lasse sich Unsicherheit und Nervosität durch eine optimale Vorbereitung umgehen. Es lohnt sich, eine Feedbackrunde mit Freunden einzuschieben, sich Karteikarten zu schreiben und mit den Gegebenheiten am Veranstaltungsort auseinander zu setzen. Vorbereitung beruhigt die Nerven.

„Besonders Seminare mit Kameraeinsatz sind beliebt“, sagt der Rhetoriktrainer Dirk Hannemann, der Kurse an Berliner Volkshochschulen anbietet und bei der IHK Trainer für Personalmanagement ist. Stimme, Mimik, Körpersprache – alles wird durch den Kameraeinsatz dokumentiert und ausgewertet. Auch Anke Kuckuck arbeitet mit der Kamera. Der Effekt: „Die meisten schätzen sich selbst viel schlechter ein, als sie vom Publikum wahrgenommen werden“. sagt sie. Mit Hilfe der anderen Kursteilnehmer kann die Redesituation geübt werden. „Die Gruppenseminare sind für das Thema ‚Reden vor Publikum’ deshalb besser geeignet als ein Einzeltraining“, sagt Kuckuck. Nur Menschen, die sehr detailliert an den Inhalten und der Umsetzung ihrer Rede arbeiten möchten oder Teilnehmern mit sehr großer Redeangst empfiehlt Anke Kuckuck ein Einzeltraining.

DIE PRÄSENTATION
In einem Vortrag präsentiert man eine Idee und möchte diese überzeugend vermitteln. Das gelingt durch eine klare Botschaft, treffende Wortwahl und gute Argumente. „Vor allem sollte eine unverständliche Fachsprache vermieden werden“, sagt Dirk Hannemann. Und die Rede muss so geschrieben sein, dass man nicht über jeden zweiten Satz stolpert, sondern möglichst frei sprechen kann. Der richtige Einsatz von Powerpoint trägt zum Gelingen einer Präsentation bei. „Der Hauptfehler im Umgang damit ist, dass von der Präsentation abgelesen wird wie von einem Teleprompter“, sagt Dirk Hannemann.

Besonders spontane Redesituationen sind eine Herausforderung. Aber mit ein paar simplen Kniffen in den Griff zu bekommen. Mit der Fünfsatzmethode etwa, die Dirk Hannemann in seinen Seminaren zeigt. In einem ersten Satz wird eine klare These vertreten, worauf drei Argumente folgen, die in einem Handlungsappell münden. „Meinungsstark, fundiert, lösungsorientiert – so sprechen Führungskräfte, sei es beim Vortrag oder in der Sitzung“, sagt der Rhetoriktrainer.

VOR EINEM KUNDEN
Eine häufige Situation: Der Kunde kommt zum Meeting, der Chef verschwindet nochmal kurz und überlässt es dem Angestellten, schon mal in die Thematik einzuführen. „In solchen Fällen empfehle ich die VGZ-Methode: Vergangenheit, Zukunft, Gegenwart. Ein kleiner Kniff, der in allen Situationen wirksam ist“, sagt Hannemann. Man beginnt zu erklären, wie sich etwa das Produkt in der Vergangenheit bewährt hat, wie die derzeitige Situation ist und was man sich für die Zukunft vorstellt. Und schon hat man eine unangenehme Situation überbrückt.

UNTER KOLLEGEN
„Frotzeleien unter Kollegen sind ein spielerisches Ausloten der gegenseitigen Grenzen und können eine Gruppe auch zusammen schweißen“, sagt Karsten Noack, Schlagfertigkeitstrainer und Spezialist für Selbstmarketing, der hauptsächlich Fach- und Führungskräfte coacht. „Wenn ich aber dem anderen auf Teufel komm raus zeigen will, dass ich überlegen bin und an Kollegen und Vorgesetzte austeile, kann das sehr schnell nach hinten los gehen.“ Noacks Empfehlung: Man kann ausstrahlen, dass man rhetorisch sicher und schlagfertig ist. Dann wird man erst gar nicht angegriffen. Diese Selbstsicherheit bekäme man, wenn man spiele, wie man auf einen eventuellen Angriff reagieren kann. Durch Kreativität, Humor und Spontanität kann man im Job so seinen Status und Arbeitsbereich behaupten. „Eine martialische Machtdemonstration ist dafür überhaupt nicht notwendig“, sagt Karsten Noack.

DIE FINANZIERUNG
Die meisten Kursteilnehmer von Karsten Noack zahlen das Training selbst. „Wer jedoch dem eigenen Chef vermitteln kann, dass durch das Training auch das Unternehmen profitiert, sollte den Mut aufbringen, ihn nach einer Finanzierungsmöglichkeit oder nach freien Tagen für das Training zu fragen“, empfiehlt Karsten Noack. Anke Kuckuck legt nahe, genau auf die Weiterbildungskultur in einer Firma zu achten. „Wenn ein Unternehmen eine weiterbildungsfreundliche Kultur pflegt, ist die Frage nach der Finanzierung eines Rhetoriktrainings ganz selbstverständlich.“ Es gebe aber immer noch den Fall, dass der Chef verständnislos auf den Wunsch nach Weiterbildung reagiert und es möglicherweise als Zeichen von Schwäche bewertet. „Dann sollte man eher nicht fragen, sondern den Kurs aus eigener Tasche zahlen“, sagt sie.

„Ein hoher Preis ist keine Garantie für Qualität“, weiß Hannemann. Er unterrichtet auch an Volkshochschulen in Köln und Frankfurt am Main und hat viele Kursteilnehmer, die vorher ein teures Seminar besucht haben und nicht zufrieden waren. Wem es ums Netzwerken auf Top-Management-Ebene geht, für den empfehle sich allerdings eher eine Exklusivität, die sich auch über den Preis herstellt.

Ein Rhetorikseminar kann zwar einen wichtigen Schub in die richtige Richtung bringen. „Aber der einzelne muss natürlich dran bleiben, bewusst Redesituationen suchen und immer weiter üben“, betont Anke Kuckuck.

Viola Zech

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