zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Riester puscht die Studenten

BERLIN (kvo). Sie sind die Gewinner des neuen 630-Mark-Gesetzes: Die Studenten.

BERLIN (kvo). Sie sind die Gewinner des neuen 630-Mark-Gesetzes: Die Studenten. Während für einen geringfügig Beschäftigten, der bis zu 15 Stunden die Woche arbeitet, seit April dieses Jahres 22 Prozent Sozialabgaben fällig werden, müssen für Studenten nur rund zehn Prozent in die Rentenversicherung eingezahlt werden. Mittlerweile hat sich das auch bei den Unternehmen rumgesprochen.

"Der Run auf die Studenten geht jetzt los", berichtet Ratko Djokic von der studentischen Arbeitsvermittlung "Effektiv". Bei den großen Zeitarbeitsfirmen wie Randstad und Adecco hat sich durch die neuen Regelungen noch nicht viel an den Umsätzen geändert. "Die Unternehmen warten noch ab", heißt es bei Adecco. Bei Djokic dagegen boomt das Geschäft, und das liegt nicht nur an der traditionell in den Monaten Mai, Juni und Juli höheren Nachfrage. Seit zehn Jahren vermittelt Djokic Studenten. "Natürlich haben wir jedes Jahr um diese Zeit einen saisonbedingten Anstieg" , erzählt er, "aber in diesem Jahr ist es erheblich mehr als sonst." Gefragt sind Studenten vor allem als Aushilfskräfte in Putzkolonnen, für die Telefonakquise und in Gaststätten. "In diesen Bereichen muß es einen richtigen Einbruch gegeben haben", vermutet Djokic.

Das bestätigt Ursula Kabisch von der Innung der Gebäudereiniger: Rund 4000 Menschen, etwa ein Drittel aller Pauschalbeschäftigten in der Branche, haben nach ihren Angaben seit April ihre Stelle gekündigt. Bei Ratko Djokic macht sich das bemerkbar: Rund 100 Leute sucht er zur Zeit in diesem Bereich. Vier Service-Unternehmen zählen zur Zeit zu seinen Kunden - im letzten Jahr um diese Zeit vermittelte er vor allem private Aufträge.

Viola Zöllner gehört zu denen, die sich in diesem Jahr zum ersten Mal an "Effektiv" gewandt haben. Für die Eröffnung der Arkaden an der Schönhauser Allee wurde ihre Firma "Optimal Direct Service" mit der Reinigung beauftragt. Um die Glasflächen, Marmorfußböden und -stufen des Einkauszentrums auf Hochglanz zu bringen, brauchte sie auf einen Schlag 120 Leute. Die Studenten-Vermittlung war für sie die günstigste Lösung. "Das hat wunderbar geklappt - 24 Stunden haben wir gebraucht, und obwohl wir eine unangemeldete Kontrolle durch die Polizei hatten, waren wir pünktlich fertig. Einige der Studenten habe ich gleich für weitere Aufträge angeworben", erzählt sie. In der Vergangenheit hat sie auch schon mal auf große Zeitarbeitsfirmen zurückgegriffen und dabei schlechte Erfahrungen gemacht. "Die sind einfach zu teuer und zu bürokratisch", sagt sie.

Vor einem Jahr hat sie sich selbständig gemacht. Rund 20 geringfügig Beschäftigte und zwei fest Angestellte arbeiten jetzt in der Firma. Die 630-Mark-Jobs in feste Stellen umzuwandeln, kann sie sich nicht leisten: "Ich hab eine verdammte Angst, Leute fest einzustellen - wir sind ja jetzt gerade mal aus den roten Zahlen raus." Unter den Studenten, die bei ihr arbeiten, sind mittlerweile auch schon alte Bekannte. Dann entfällt auch das Anlernen und Einweisen. Dafür zahlt sie dann auch schon mal über Tarif: 14 DM pro Stunde am Tag bekommen die Studenten bei ihr.

Zur Startseite