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Wirtschaft: Roboter sind billiger als Chinesen

Mit steigenden Löhnen rechnet sich Automatisierung zunehmend. Das hilft deutschen Herstellern

Tokio/Hongkong - Anlagenbauer und Technologiekonzerne wie Siemens können sich womöglich schon bald auf weitere Großaufträge aus China freuen. Denn steigende Löhne und ein Arbeitskräftemangel dürften die Automatisierung in den Fabriken der Volksrepublik kräftig vorantreiben. Auch die jüngsten Streiks in den Werkhallen ausländischer Konzerne und die Aufwertung der Landeswährung Yuan liefern der Industrie weitere Argumente, in Zukunft mehr auf maschinelle Produktion zu vertrauen.

Der Zulieferer des japanischen Autoherstellers Honda, H-One, will zum Beispiel 22 Millionen Dollar dafür aufwenden, die Zahl der Roboter in seinen drei chinesischen Karosseriefabriken zu verdreifachen. Analysten sehen darin einen Trend: „Die Ausrüsterbranche wächst sehr, sehr schnell. Sensoren, Förderbänder, Pressluftsysteme, Elektrowerkzeug - alles, was dazugehört“, erläutert Raymond Tsang von der Wirtschaftsberaterfirma Bain & Co. „Wir erwarten in diesen Branchen ein Wachstum zwischen 20 und 30 Prozent im Jahr.“ Dass in der Automatisierung in China noch ein immenses Potenzial schlummert, zeigt der Anteil von Maschinen mit numerischer Steuerung an der Produktion. Diese Kennzahl stieg in China zuletzt auf 27 Prozent von 22 Prozent im vergangenen Jahr und 19 Prozent 2008. China hat damit das Niveau der Automatisierung erreicht, dass Japan in den 80er Jahren in einer Zeit starken Wirtschaftswachstums hatte. Der Anteil maschineller Produktion ist in Japan mittlerweile auf 82 Prozent gestiegen. Damit belegt das Land den Spitzenplatz. Es zeigt, welches Ausmaß eine Automatisierung in China erreichen könnte.

Nach Ansicht der Analysten von Nomura Securities wird die Automatisierung in China aber noch schneller ablaufen als im Japan der 80er Jahre. Die Experten erwarten, dass sich das Lohnniveau in China in den kommenden fünf Jahren verdoppeln könnte. „Die steigenden Lohnkosten werden nicht nur zu einer Automatisierung führen, sondern auch die Einkommen der Chinesen erhöhen, was zu einer wachsenden Nachfrage nach Autos und elektronischen Geräten führen wird, was sich wiederum günstig auf den Bedarf an Maschinen auswirken wird“, sagte Wenjie Ge, Analyst bei Nomura.

Experten weisen jedoch darauf hin, dass einige Konzerne wegen der steigenden Arbeitskosten in China ihre Produktion voraussichtlich in Länder mit noch niedrigeren Löhnen wie Vietnam auslagern werden. Viele Firmen werden sich jedoch gegen eine Auslagerung entscheiden, weil die Hersteller in der Volksrepublik und damit nahe an einem massiven und schnell wachsenden Markt bleiben wollen. Zu den Unternehmen, die ihre Produktion in China ausbauen wollen, zählen etwa die japanische Chemiefirma Shin-Etsu Chemical und der Hersteller von Elektrogeräten TDK.

Die Lohnerhöhungen führen auch bereits innerhalb Chinas zu einer Produktionsverlagerung. So plant Hon Hai Precision Industry, der taiwanische Mutterkonzern des iPhone-Herstellers Foxconn, einen Neubau von Fabriken im Landesinneren, weil ihr Arbeitskräfte an der Küste zu teuer geworden sind. Durch eine Serie von Selbstmorden unter seinen Arbeitern sah sich Foxconn zuletzt zu drastischen Lohnerhöhungen von bis zu 66 Prozent gezwungen. Auch bei vielen anderen Firmen kämpfen die Arbeiter mit wachsendem Erfolg für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Vielerorts verdienen die Beschäftigten weniger als 200 Euro im Monat bei einer 60- bis 70-Stunde-Woche. Viele Volkswirte werten diese Entwicklung bereits als Zeichen dafür, dass China zumindest im Süden schon bald kein Niedriglohnland mehr sein wird. rtr

Nobuhiro Kubo, Don Durfee

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