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Die Rohstoffvorkommen könnten die rückständige afghanische Wirtschaft modernisieren helfen.

© dpa

Rohstoffe: Armes reiches Afghanistan

Sollte der Rohstoffschatz Afghanistans gehoben werden, würde auch die deutsche Industrie profitieren. Vor allem die Aussagen der US-Geologen zu den Lithium-Vorkommen sind interessant.

Die Zahl ist so groß, dass sie kaum zu greifen ist: Bodenschätze im Wert von einer Billion, also 1000 Milliarden Dollar, sollen im Boden Afghanistans liegen. Wenn man bedenkt, dass die Menschen dieses Landes jährlich Waren und Dienstleitungen von lediglich rund zwölf Milliarden Dollar erwirtschaften – unter anderem mit dem Anbau von Opium –, dann kann man sich vorstellen, dass die Funde die Wirtschaft des Landes auf den Kopf stellen könnten. Ob die Nachricht ein Fluch oder Segen für Afghanistan ist, hängt auch davon ab, unter welchen Bedingungen die Vorkommen erschlossen und ausgebeutet werden.

Die US-Administration hat dem afghanischen Bergbauministerium bereits international tätige Beraterfirmen vermittelt, die über die nötige Erfahrung bei der Vergabe von Schürfrechten verfügen, berichtet die „New York Times“. Ob das verhindert, dass vor allem korrupte Beamte verdienen, ist eine andere Frage. Erst 2009 musste Afghanistans Bergbauminister zurücktreten, nachdem öffentlich wurde, dass chinesische Unternehmer ihm 30 Millionen Dollar zugeschoben haben sollen, damit er ihnen Zugriff auf große Kupfervorkommen sichert.

Von den afghanischen Rohstofffunden dürfte auch die deutsche Industrie profitieren – zumindest indirekt. Zwar gibt es keine deutschen Unternehmen, die sich an der Erkundung oder Ausbeutung am Hindukusch beteiligen, allerdings könnten einige spezielle Rohstoffe, die die Industrie dingend benötigt, künftig wieder leichter auf dem Weltmarkt erhältlich sein. Der Unternehmer Ulrich Grillo, der beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) dem Ausschuss für Rohstoffpolitik vorsitzt, warnte bereits im August 2009 vor der „Rohstofflücke“, die tausende Arbeitsplätze in Deutschland gefährden könnte.

Allein China beschränke den Handel mit Rohstoffen mit 373 verschiedenen Exportzöllen, sagte er. Vor dem Hintergrund verlangte Grillo von der Politik in Berlin und Brüssel, dass sie den Abbau von Handels- und Wettbewerbsverzerrungen bei Rohstoffen konsequent einfordert. Am Montag wollte man beim BDI keine Einschätzung abgeben, inwieweit Kobalt, Lithium oder seltene Erden aus Afghanistan helfen könnten, diese Rohstofflücke in Deutschland zu schließen. Auch Grillo will sich nicht äußern, bevor die Lage sich nicht geklärt hat. Generell scheint es, als sitze den Managern noch der Schock über die Äußerungen des Bundespräsidenten über Afghanistan und die Wirtschaftsinteressen in den Knochen.

Für die deutsche Industrie sind vor allem die Aussagen der US-Geologen zu den Lithium-Vorkommen in Afghanistan interessant. Dieses Leichtmetall wird derzeit vor allem in der Produktion von Glas und Spezialkeramiken verwendet sowie für die Herstellung von Akkus in Elektrogeräten. Vor allem der Bau von Elektroautos wird immer größere Mengen Lithium erfordern, sind sich alle Experten sicher. Doch bisher waren größere Lithium-Vorkommen nur in wenigen Ländern bekannt – in Bolivien, China und Chile. Auch in Serbien werden Vorkommen erschlossen. Sollte auch in Afghanistan Lithium gefördert werden, würde dies die Position der Kunden, also auch Deutschlands, deutlich stärken.

Bei dem Essener Mischkonzern Evonik zum Beispiel setzte man aus Sorge um die Versorgung mit Lithium auf Forschungsprojekte, die zum Ziel haben, möglichst viel von dem Rohstoff aus dem Recycling von Batterien zu gewinnen. Dort beteuert ein Sprecher, dass man diese Bemühung nicht einstellen werde. Niemand sollte sich zu früh über den Fund freuen.

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