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Runde Sache. Der Triebwerkhersteller Rolls-Royce baut seine Produktion in Deutschland aus.

© promo

Rolls-Royce: Ein Standort dreht durch

Die Luftfahrtindustrie wächst in Berlin und Brandenburg. Doch ihre Leitmesse ILA soll jetzt schrumpfen.

Schon wieder Rolls-Royce. Gefühlt alle halbe Jahre gibt der Flugzeugtriebwerkshersteller mit Sitz in Dahlewitz am südlichen Berliner Stadtrand eine neue Millioneninvestition bekannt. Am Mittwoch verkündete das Unternehmen, dass es ein Gemeinschaftsunternehmen mit Liebherr Aerospace gründen wird. Das Unternehmen soll Leistungsgetriebe für eine sparsamere neue Triebwerksgeneration bauen. Das dortige Werk wächst und wächst.

Egal ob beim Konkurrenten MTU, der im benachbarten Ludwigsfelde große Triebwerke wartet, ob an den Hochschulen BTU Cottbus, TH Wildau oder TU Berlin: In der Hauptstadt und den umliegenden Landkreisen dreht sich immer mehr um Luftfahrt, speziell um die Zulieferindustrie. Die wichtigste deutsche Leitmesse der Branche aber, die ILA Berlin Air Show, wird jetzt verkleinert. Das gab die Messe Berlin ebenfalls am Mittwoch bekannt. Wie passt das zusammen?

Die bisher sechstägige Veranstaltung soll 2016 erstmals auf eine viertägige Laufzeit verkürzt werden. Ursprünglich sollte sie vom 31. Mai bis zum 5. Juni stattfinden, jetzt wird sie am 1. Juni beginnen und bereits am 4. Juni enden. Die ersten beiden Tage sind den Fachbesuchern vorbehalten, am Freitag und Sonnabend ist auch das allgemeine Publikum zugelassen. Mit der verkürzten Laufzeit entspreche man dem Wunsch von Ausstellern und Fachbesuchern, sagte Wolfgang Rogall von der Messe Berlin. Man werde die Veranstaltung effizienter gestalten, das Konferenzprogramm straffen und zugleich hochkarätiger anlegen und an allen vier Tagen Angebote für Fachbesucher haben. Da die meisten Privatbesucher ohnehin nur an einem Tag kommen, erwartet man am Sonnabend einen stärkeren Andrang und verspricht sich vom Verzicht auf die Flugshow am Sonntag auch eine Entlastung der Flughafen-Anwohner, argumentierte Rogall.

Als wirtschaftlicher Träger der ILA, die beständig rote Zahlen schreibt, erhoffen sich Messe und der Bundesverbandes der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) als Veranstalter auch eine Kostenreduzierung. In den vergangenen Monaten hatten die Partner um die Verteilung gerungen. Es hieß, dem BDLI werde der Spaß zu teuer, für die Industrie seien andere Messen wichtiger. Die Messe brachte gar eine Air Show ohne Air Show ins Spiel, eine ILA unterm Funkturm, also ohne Rollfeld. Auch das Ende der Traditionsveranstaltung steht im Raum. Doch erstmal geht es weiter.

Der Sonnabend sei ohnehin der stärkste Publikumstag gewesen, sagte BDLI-Sprecherin Cornelia von Ammon. Der BDLI ist Markeninhaber der ILA, deren Zukunft in Schönefeld nach der jetzt für den Herbst 2017 geplanten Eröffnung des neuen Flughafens BER generell in Frage gestellt ist. Denn wenn der gesamte Berliner Flugverkehr über dessen zwei Start- und Landebahnen abgewickelt wird, dürfte es kaum noch Lücken für das Flugprogramm geben. Derzeit beschäftigt sich eine Expertengruppe mir der Frage, wie die ILA weiter optimiert werden kann, um auch nach der BER-Eröffnung „langfristig und international wettbewerbsfähig“ stattfinden zu können, sagte Cornelia von Ammon. Dabei geht es wohl mehr um Form und Standort als um die Messe an sich. „Die ILA bleibt, definitiv“, so die Sprecherin.

Alles andere wäre ein Rückschlag auch für die Regionale Industrie. Bei Rolls-Royce in Dahlewitz soll im kommenden Frühjahr der weltgrößte Leistungsprüfstand für Reduktionshauptgetriebe in Betrieb genommen werden. Das 80-Millionen-Euro-Projekt ist die jüngste Investition des Konzerns an dem aufstrebenden Brandenburger Standort. Hier werden auch noch rund 50 Ingenieure – vom Uni-Abgänger bis zum Spezialisten mit langjähriger Erfahrung – gesucht, sagte Rainer Hönig, Geschäftsführer von Rolls-Royce Deutschland gestern.

Laut einer ebenfalls am Mittwoch veröffentlichten Studie der Beratungsgesellschaft Roland Berger glauben 73 Prozent von 150 befragten Top-Managern der Branche, dass der starke Wachstumstrend in der zivilen Luftfahrtindustrie noch mindestens fünf Jahre anhalten wird. Die Zivilluftfahrtvereinigung IATA geht sogar davon aus, dass sich die Zahl der 3,5 Milliarden Passagiere, die in diesem Jahr erwartet werden, bis 2035 verdoppeln wird.

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