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Wirtschaft: Rot-Grün will Bildung statt Bauherren fördern

Branche befürchtet Einbruch der Nachfrage / Experten rechnen mit kurzfristigem Bauboom

Berlin - Experten gehen davon aus, dass die von der Bundesregierung geplante Streichung der Eigenheimzulage den Baumarkt kurzfristig etwas beleben könnte. Zwar erwartet die Bauindustrie langfristig schwere Einbußen. Doch auf kurze Sicht sei mit einer Belebung der Nachfrage nach Einfamilienhäusern zu rechnen, glaubt Volker Rußig, Branchenexperte des Münchner Ifo-Instituts. „Die Streichung der Eigenheimzulage wurde ja schon zuvor diskutiert. Jedes Mal gab es einen deutlichen Zuwachs der Anträge auf Baugenehmigungen.“ Die gestiegene Nachfrage nach Eigenheimen war im vergangenen Jahr einer der wenigen Lichtblicke der Baubranche, die seit Jahren mit sinkenden Umsätzen kämpft.

Die rot-grüne Bundesregierung hat am Mittwoch einen erneuten Anlauf genommen, die Eigenheimzulage zu streichen. Das Kabinett beschloss in Berlin, die frei werdenden Gelder für die Innovationsoffensive der Regierung zu nutzen. Im kommenden Jahr rechnet Finanzminister Hans Eichel (SPD) durch die Abschaffung der Subvention mit rund 223 Millionen Euro zusätzlich für Bildung und Forschung. Da die Förderung über acht Jahre läuft, steigt die jährlich ersparte Summe bis 2012 auf rund sechs Milliarden Euro an. Im Haushalt 2005 und im Finanzplan bis 2008 hat Eichel die Umschichtung bereits eingeplant.

Doch ob der Plan umgesetzt wird, ist fraglich. Der Vorstoß von Rot-Grün war bereits Ende vergangenen Jahres im Vermittlungsausschuss von Bundestag und unionsdominiertem Bundesrat. Damals konnte die Regierung zwar eine Kürzung von 30 Prozent durchsetzen. Doch die Union verhinderte die Streichung der Zulage im Bundesrat und will auch jetzt wieder dagegen stimmen. Auch die FDP ist gegen die Streichung. „Wir haben einen Gesetzentwurf für umfassenden Subventionsabbau inklusive der Eigenheimzulage vorgelegt“, sagte FDP-Vize Andreas Pinkwart dem Tagesspiegel. „Aber sie allein zu streichen macht keinen Sinn.“

Die Bauindustrie hofft, dass der Bundesrat die Zulage rettet. „Die Streichung der Eigenheimzulage ohne gleichzeitige Entlastung der Privathaushalte von Steuern und Abgaben wird zwangsläufig zu einem Einbruch der Baunachfrage führen“, sagte Karl Robl, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes.

Einen zwangsläufigen Einbruch der Nachfrage nach Wohnhäusern sieht Ifo-Experte Rußig im Falle einer Streichung der Zulage nicht. Sie sei selten ausschlaggebend bei der Entscheidung für oder gegen ein Eigenheim. „Die Deutschen reagieren zwar traditionell auf Subventionsanreize, doch wie stark die Nachfrage zurückgeht, lässt sich noch nicht sagen“, sagte der Ifo-Experte. Bei einem Wegfall rechnet Rußig mit sinkenden Baupreisen, die die Nachfrage stabilisieren könnten. Trotz der demografischen Entwicklung wachse vorläufig noch die Zahl der Haushalte. Mit sinkendem Bedarf an Wohnraum sei erst in rund 20 Jahren zu rechnen.

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