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Wirtschaft: RTL Group will offenbar Endemol übernehmen

Europas größter Fernsehkonzern RTL Group will offenbar den TV-Produzenten Endemol übernehmen. Derzeit laufen Gespräche zwischen der Tochter der Bertelsmann AG und dem spanischen Telekomkonzern Telefónica über einen Verkauf des niederländischen Konzerns, heißt es in Branchenkreisen.

Europas größter Fernsehkonzern RTL Group will offenbar den TV-Produzenten Endemol übernehmen. Derzeit laufen Gespräche zwischen der Tochter der Bertelsmann AG und dem spanischen Telekomkonzern Telefónica über einen Verkauf des niederländischen Konzerns, heißt es in Branchenkreisen. Die RTL Group erklärte, dass keine schnelle Lösung in Sicht sei. Dreh- und Angelpunkt sind die schwierigen und langwierigen Preisverhandlungen. Als der spanische Telekomkonzern 1999 rund 5,2 Milliarden Euro für Endemol hinblätterte, fasste sich die ganze Branche an den Kopf: Der damalige Telefónica-Chef Juan Villalonga hatte eine Prämie von 52 Prozent auf den Marktwert des niederländischen Unternehmens gezahlt. Angesichts der Krise der Medienbranche sind jedoch die Preise stark gesunken. Dennoch gilt Endemol nach den Erfolgen von TV-Formaten wie "Big Brother" und "Domino Day" als Sahnestück im Portfolio der Spanier. Telefónica kann angesichts teurer UMTS-Abenteuer wie bei der Mobilfunktochter Quam in Deutschland frisches Geld und einen starken Partner gut gebrauchen. Darauf setzt offenbar Bertelsmann. Konzernlenker Thomas Middelhoff hat den Ausbau des TV-Geschäfts zum strategischen Ziel erklärt. Für die Gütersloher ist die TV-Tochter mit 20 Prozent bereits heute der wichtigste Umsatzträger. Bertelsmann kündigte zu Weihnachten an, die vollständige Kontrolle bei der Fernseh- und Radioholding RTL Group zu übernehmen. Middelhoff kauft für 1,5 Milliarden Euro dazu weitere 22 Prozent der Anteile vom britischen Pearson-Verlag und ist dann mit 89 Prozent Herr im RTL-Haus.

Zum Medienimperium von Telefónica gehören die Fernsehsender Antena 3 und der Bezahlsender Via Digital sowie der Fernsehproduzent Endemol. Die RTL-Group ist derzeit an Antena 3 schon mit rund 17 Prozent und an dem Pay-TV-Kanal Via Digital mit fünf Prozent beteiligt. Ein Sprecher der RTL Group in London erklärte auf Anfrage: "Wir haben immer gesagt, dass wir an einer Erhöhung unsere Anteile an Antena 3 und Via Digital interessiert sind." Die Bertelsmann AG wollte zu den Spekulationen über eine Übernahme von Endemol keine Stellung nehmen. "Wir fühlen uns bei Telefónica auch ganz wohl", erklärte ein Endemol-Sprecher. Bertelsmann gehört über die RTL-Group bereits jetzt zu den größten Kunden der Niederländer.

Branchenkennern zufolge wäre die Kombination mit Bertelsmann durchaus sinnvoll: Endemol Entertainment NV ist mit einer Präsenz in 21 Ländern einer der größten TV-Produzenten Europas, und die RTL- Group wiederum ist der größte Fernsehkonzern in Europa. Im Vergleich dazu ist Telefónica mit seinen auf Spanien und Südamerika begrenzten TV-Aktivitäten eher eine regionale Größe. Ein bereits geplanter Börsengang der Medientochter Telefónica Media wurde bereits abgeblasen.

Mit Telefónica gibt es für Bertelsmann noch ein anders Gesprächsthema: Antena 3. Der Telekomkonzern ist mit 47 Prozent der wichtigste Gesellschafter bei dem lukrativen Madrider Kanal, der auch Beteiligungen in Portugal und Lateinamerika hält. Die RTL Group hatte durch die Übernahme der Anteile verschiedener Kleinaktionäre ihre Beteiligung bereits gesteigert. Gespräche mit der Großbank Banco Santander Central Hispano über einen Verkauf ihrer 30prozentigen Antena 3-Beteiligung verliefen ergebnislos. Würden sich Bertelsmann und Telefónica über einen Verkauf einig, käme aber auch EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti ins Spiel. Bereits 1995 hatte Brüssel die geplante Fusion von Endemol und dem niederländischen Medienkonzern Veronica vereitelt.

hps, tom, HB

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