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Wirtschaft: Rückruf-Rekord ärgert Autofahrer

Autohersteller in der Technik-Falle Deutsche Marken nur im Mittelfeld

Frankfurt (Main) (hof/HB). Die Autohersteller stecken in der TechnikFalle: Je mehr aufwändige Elektronik sie in ihre Fahrzeuge stecken, desto häufiger bleiben diese liegen. „Mit jedem neuen Teilsystem steigt das Fehlerrisiko im Auto exponentiell“, sagt Ferdinand Dudenhöffer von Center Automotive Research in Gelsenkirchen. Betrage die Ausfallsicherheit einer Komponente 99,9 Prozent und man baue zwei davon ein, reduziere sich die Pannensicherheit für das Auto bereits auf 99,8 Prozent. Bei der Vielzahl der Systeme, die in den vergangenen Jahren in Autos integriert worden seien, habe sich also das Risiko eines Ausfalls deutlich erhöht. Das treffe gerade die Hersteller, die Autos auf einem hohen technischen Standard anbieten. Laut Dudenhöffer führt deshalb kein Weg daran vorbei, die Ausfallsicherheit der Teilsysteme stark zu verbessern.

Der Aufwand lohnt sich, denn Rückrufaktionen und Garantieleistungen kosten die Hersteller nach einer Schätzung von Markus Diederich, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Celerant, jährlich zweistellige Milliardenbeträge. Umso verwunderlicher, dass nach einer Celerant-Studie nur jeder fünfte Hersteller und Zulieferer der Automobilindustrie die Gesamtkosten für Qualität vollständig erfasst. Jeder vierte misst diesen Kostenblock überhaupt nicht. Dabei können die Kosten für qualitätssichernde Maßnahmen und die Behebung von Mängeln zehn Prozent des Umsatzes erreichen.

Die viel gescholtene Elektronik ist zumindest bei den kostspieligen Rückrufaktionen nicht einmal der Haupt-Übeltäter. Nur jede achte Rückrufaktion war auf solche Mängel zurückzuführen, die Masse auf mechanische Fehler. Angesichts der ständig steigenden Zahl von Rückrufaktionen ist das ein schwacher Trost. Auch für 2002 meldet das Kraftfahrt-Bundesamt wieder einen traurigen Rekord: Bei 127 Aktionen war das Amt eingeschaltet. Vor zehn Jahren waren es gerade einmal 52. Dabei zeigen diese Zahlen nur die Tendenz, denn tatsächlich gibt es noch deutlich mehr Rückrufaktionen. Die Flensburger werden nur tätig, wenn die Mängel die Sicherheit der Fahrzeuge beeinträchtigen.

In der Pannenstatistik des ADAC spielen Ausfälle durch Elektrik und Elektronik eine immer größere Rolle. Eine Folge: Deutsche Autos mit ihrem hohen Elektronik-Anteil rangieren hier hinter den Fahrzeugherstellern aus Fernost nur noch im Mittelfeld. Darin sieht Dudenhöffer eine große Gefahr: „Es macht dem BMW- oder Mercedes-Käufer keinen Spaß, wenn sein Fahrzeug häufig Fehlfunktionen hat und die Toyotas, Hondas und Subarus sicherer funktionieren.“ Er rät den Konzernen, vom Flugzeugbau zu lernen – schließlich habe „ein Auto von heute mehr Gemeinsamkeiten mit einem Airbus als mit einem alten Käfer“. Im Flugzeug gibt es für fast jede Funktion Notlaufsysteme, die bei einem Ausfall des Hauptsystems einspringen.

Berater Diederich sieht noch andere Lösungsansätze. Seiner Meinung nach hakt es noch immer in der Kooperation zwischen Herstellern und Zulieferern. Die Zusammenarbeit bei der Entwicklung neuer Automodelle sei noch nicht optimal, „weil sich keiner ganz in die Karten schauen lässt“. Viele Pannen entstünden dadurch, dass in der letzten Minute eine Komponente verändert werde, ohne ausreichend zu bedenken, welche Auswirkungen das auf andere Systeme habe. Zum Beispiel startete Renault Mitte Dezember eine Rückrufaktion für 158000 Fahrzeuge wegen eines technischen Störimpulses, der den Gebläseriemen beeinträchtigte.

Nicht zuletzt macht Diederich auch den Kostendruck auf die Zulieferer für mangelnde Qualität verantwortlich: „Wenn man immer auf die kurzfristige Profitabilität achten muss, bleibt die Qualität auf der Strecke“.

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