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Zum Durch-die-Decke-Gehen! Lärm von oben kann krank machen. Foto: dpa

© dpa-tmn

Wirtschaft: Ruhe da oben!

Defekter Schallschutz macht Gebäude hellhörig

Sie trampeln wie eine Elefantenherde, johlen, schreien, machen laute Musik oder lassen die rumpelnde Waschmaschine mitten in der Nacht ihre Arbeit verrichten. Einer Umfrage des Umweltbundesamtes zufolge fühlen sich 43 Prozent der Deutschen durch Geräusche aus den Nachbarwohnungen belästigt oder gestört. Doch nicht immer ist der Lärm von oben, unten oder der Seite auf Rücksichtslosigkeit anderer Bewohner zurückzuführen, sondern viel eher sind hellhörige Gebäude dafür verantwortlich, dass der Hausfrieden gestört wird.

„Bietet eine Wohnung nicht den vorgeschriebenen Lärmschutz, können Fehler in der Bauplanung oder Ausführung vorliegen“, sagt Georg Lange vom Bundesverband Deutscher Fertigbau in Bad Honnef bei Köln. Bei fehlendem Trittschallschutz etwa könne das normale Gehen im Zimmer darunter als unangenehmes Trampeln empfunden werden. Auch durch unfachmännisch gezogene Wände oder sonstige Installationen werden laute Geräusche aus der Wohnung oder Zimmern übertragen.

Lärm von oben hält in der Regel ein sogenannter schwimmender Estrich ab. Zwischen diesem und dem tragenden Boden liegt eine Dämmschicht. Doch: „Viele Altbauten haben keinen schwimmenden Estrich, sondern nur eine Holzbalkendecke mit einer Schüttung, und nicht jedes Gebäude lässt sich mit vertretbarem Aufwand nachrüsten“, weiß der Berliner Architekt Ulrich Zink vom Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung.

Auch muss der schwimmende Estrich fehlerfrei sein, damit er Geräusche dämmt. Das funktioniert zum Beispiel nicht, wenn am Rand des Estrichs der Rundum-Dämmstreifen durch Mörtel beschädigt ist, erläutert Lange. Dadurch gebe es eine feste Verbindung des Bodens zur Wand – und der Schall wird übertragen. Auch Lüftungsschächte können für eine solche Lärmbrücke verantwortlich sein. Dann sollte der Eigentümer unbedingt über diesen Mangel informiert werden, rät Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Denn nur der Eigentümer wisse, ob der Schallschutz des Gebäudes den gesetzlichen Anforderungen entspreche und ob er Abhilfe schaffen muss.

„Mieter haben kein Recht auf Mietminderung, etwa wegen Mängeln bei der Trittschalldämmung, wenn die geltenden DIN-Vorschriften eingehalten wurden“, erläutert Ropertz. Die hier geltende Vorschrift DIN 4109 ist ein Mindeststandard für die Anforderungen an den Wohnungsstandard, den Mieter erwarten können. „Planer und Ausführungsfirmen schulden dem Bauherrn eines Neubaus ausreichenden Schutz nach DIN 4109, ohne dass es besonderer vertraglicher Vereinbarungen bedarf“, erklärt Lange.

Diese Vorgaben wurden im Laufe der Jahre immer wieder angepasst, dennoch gilt für den Schallschutz in einem Gebäude der Mindeststandard als Maßgabe, der zum Zeitpunkt des Hausbaus galt. Und selbst bei Neubauten wird in der Vorschrift ausgeschlossen, dass es gar keinen Lärm geben dürfe: „Aufgrund der festgelegten Anforderungen kann nicht erwartet werden, dass Geräusche von außen oder aus benachbarten Räumen nicht mehr wahrgenommen werden.“

Das wäre auch schwierig, denn gemäß Umweltbundesamt ist jeder Mensch unterschiedlich lärmempfindlich. Ein Geräusch werde zumeist als weniger lästig empfunden, wenn man einen unmittelbaren Nutzen von der Geräuschquelle hat – zum Beispiel, wenn die eigene Waschmaschine läuft oder man selbst die Bohrmaschine ansetzt, um Dübel für das neue Bild in die Wand zu setzen. Tut der Nachbar das Gleiche, sei man eher genervt. dpa

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