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Rund ums Rad: Aus dem Keller befreit

Die Fahrradindustrie profitiert kaum von der Autokrise. Doch die Läden haben mit Reparaturen gut zu tun.

Autokonzerne weltweit stehen kurz vor der Pleite oder stecken zumindest bis zum Hals in der Absatzkrise. Die Stunde des Fahrrads hat geschlagen, die Branche erlebt einen nie dagewesenen Boom... könnte man erwarten. Aber offenbar zählt die Fahrradindustrie nicht zu den Krisengewinnlern. „Weltweit rechnen wir 2009 mit einer sinkenden Produktion“, sagt Rolf Lemberg, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbandes ZIV. So war zumindest die Mehrheitsmeinung auf der wichtigen Branchenmesse Taipei Cycle Show in Taiwan im März. Auch für Deutschland rechnet Lemberg dieses Jahr nicht mit einem Boom, auf eine konkrete Prognose will er sich aber nicht festlegen.

Dennoch glaubt man beim Allgemeinen Deutschen Fahrradclub an einen „Trend zum Fahrrad“. „Von vielen Händlern hören wir, dass sie so gut zu tun haben, wie lange nicht mehr“, sagt ADFC-Sprecherin Bettina Cibulski. Es würden nicht unbedingt neue Räder gekauft. „Offenbar holen viele Menschen ihr altes Fahrrad jetzt aus dem Keller und lassen es auf Vordermann bringen.“ Eine Abwrackprämie gebe es schließlich nur für alte Autos. Mit der durchaus ernst gemeinten Forderung nach einer Neukaufprämie für Fahrräder konnten sich die Umweltverbände bislang nicht durchsetzen.

Aber auch ohne zusätzliche Subvention sieht sich die deutsche Fahrradindustrie recht gut aufgestellt. Ihr Anteil am heimischen Markt stieg zuletzt leicht auf 41 Prozent und auch der Export zog an. Der durchschnittliche Verkaufspreis in Deutschland legte im vergangenen Jahr von 367 auf 386 Euro zu. Dadurch blieben die Umsätze mit Fahrrädern trotz sinkender Stückzahlen annähernd konstant bei rund 1,7 Milliarden Euro. Hinzu kommen die Umsätze von Fahrradteilen, Zubehör und Werkstätten, so dass die Fahrradwirtschaft dem ZIV zufolge auf einen Umsatz von insgesamt 3,0 bis 3,5 Milliarden Euro kommt.

Die Deutschen kaufen ihre Fahrräder übrigens am liebsten beim Fachhändler. Der Fachhandel hat seinen Marktanteil in den vergangenen Jahren kontinuierlich auf 63 Prozent gesteigert. Der Anteil von Kaufhäusern und Discountern ging dagegen auf 30 Prozent zurück. Für künftiges Wachstum sollen die sogenannten E-Bikes sorgen, also Fahrräder mit unterstützendem Elektromotor. 100 000 Stück der Räder, die maximal 25 km/h fahren dürfen, wurden im vergangenen Jahr verkauft. Für 2009 hofft der Verband auf ein Wachstum von 25 bis 30 Prozent.

49,6 Millionen Autos sind beim Kraftfahrt-Bundesamt gemeldet. Den Bestand an Fahrrädern schätzt der ZIV auf 68 Millionen Stück. Wer durch Deutschlands Berufsverkehr radelt, kann sich trotzdem nicht des Eindrucks erwehren, dass das Auto trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit das dominierende Verkehrsmittel in Deutschland ist. Gerade hier will die Fahrrad-Lobby, die finanziell nicht ganz so gut ausgestattet ist wie die Autoindustrie, angreifen. Der ADFC wirbt für die Initiative „Mit dem Rad zur Arbeit“. Im vergangenen Jahr haben deutschlandweit über 168 000 Radler an der Aktion von ADFC und AOK mitgemacht. „Dieses Jahr hoffen wir natürlich auf noch mehr Teilnehmer“, sagt Bettina Cibulski. Teilnehmen kann, wer bereit ist, im Zeitraum von Anfang Juni bis Ende August an mindestens 20 Arbeitstagen mit dem Rad zur Arbeit zu fahren (www.mit-dem-rad-zur-arbeit.de).

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