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Wirtschaft: Russen gegen Weißrussen

Die Kasseler K+S gerät in den Strudel eines Kali-Streits und verliert an der Börse zeitweise ein Viertel ihres Werts.

Berlin - Das gibt es eigentlich nicht: Ein Wert im Deutschen Aktienindex verliert an einem Tag 27 Prozent. Im konkreten Fall entspricht das einem Börsenwert von rund 1,3 Milliarden Euro. In Kassel, am Sitze der K+S (Kali und Salz) AG, war man am Dienstag geschockt, betonte die „positiven Trends“ im Kalidüngemittelgeschäft und stammelte etwas hilflos, dass „eine umfassende Bewertung der aktuellen Situation uns derzeit nicht möglich ist“. Tatsächlich lag die Ursache des Kursdebakels ein paar tausend Kilometer weiter östlich. Der russische Kaliproduzent Uralkali hatte sich mit seinem langjährigen Partner Belaruskali zerstritten und das gemeinsame Exportkartell gekündigt. Und als Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner dann auch noch die Vermutung äußerte, der Weltmarktpreis für Kali könne um ein Viertel einbrechen, gab es kein Halten mehr an der Börse.

„Die kolportierten Preise für Kalidüngemittel sind für uns nicht nachvollziehbar und entsprechen aus unserer Sicht in keiner Weise der aktuellen Angebots- und Nachfragesituation“, versuchten die Kasseler die Börsianer zu beruhigen. Mit geringem Erfolg, die Aktie notierte auch am späten Nachmittag noch mehr als 20 Prozent unter dem Vortageswert.

K+S baut in sechs Bergwerken hierzulande Kalium- und Magnesiumrohsalze ab. Nach eigenen Angaben ist das Unternehmen mit weiteren Standorten in Europa sowie Nord- und Südamerika „im Salzgeschäft der führende Hersteller der Welt“. Allerdings verdient der Konzern – 14 000 Mitarbeiter, vier Milliarden Euro Umsatz – mit Kali- und Magnesiumprodukten deutlich mehr Geld als mit Salz.

Das bisherige Bündnis von Belaruskali und Uralkali kam auf einen Anteil am Weltmarkt von 43 Prozent. Da beide Firmen als Exportkartell auftraten, konnten sie auf Schlüsselmärkten wie China und Indien die Preise quasi selbst bestimmen. Uralkali begründete nun die Aufkündigung des Kartells mit „unerfreulichem“ Verhalten des Partners. Womöglich haben die Weißrussen eigene Abschlüsse in China getätigt. In der Branche geht man jedenfalls von einem Kampf um Marktanteile in China aus. Die Chinesen selbst verfügen nur über eine kleine Kali-Produktion und sind auf Importe für ihre Landwirtschaft angewiesen.

Die Befürchtungen gehen nun dahin, dass sowohl Uralkali als auch Belaruskali versuchen könnten, mit Kampfpreisen Marktanteile in China zu kaufen. Uralkali hat bereits angekündigt, die Produktion von gut zehn Millionen Tonnen in diesem Jahr auf bis zu 14 Millionen Tonnen im nächsten Jahr auszubauen. Das hätte dann entsprechende Folgen für die Weltmarktpreise. Aktuell kostet eine Tonne Kali rund 400 Euro, und Uralkali-Chef Baumgertner zufolge ist ein Abrutschen auf 300 Euro in den kommenden Monaten denkbar. Schätzungen zufolge verringert sich der Gewinn von K+S um rund zwei Prozent, wenn der Kalipreis um ein Prozent nachgibt. Kali ist ein für die Pflanzendüngung nahezu unverzichtbares Mineral. Die größten Vorkommen gibt es in Russland, Weißrussland, der Ukraine, Kanada und den USA. Alfons Frese

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