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Wirtschaft: Russen lieben Schokolade

KÖLN (thk/HB).Der Name schmeckt nach alter Zeit: "Roter Oktober" heißt die beliebteste einheimische Schokoladenmarke in Rußland.

KÖLN (thk/HB).Der Name schmeckt nach alter Zeit: "Roter Oktober" heißt die beliebteste einheimische Schokoladenmarke in Rußland.Und auch die Verpackungen des Moskauer Konzerns machen noch immer den Eindruck, als wehe vor der Firmenzentrale in Moskau eine rote Fahne mit Hammer und Sichel."Slava", "Ruhm", heißt zum Beispiel die Luftschokolade des Roten Oktober und ihr Name schwingt sich in kyrillischen Lettern golden über braunen Grund.

Doch auch für Krasny Oktjabr AN - so der offizielle Name - hat der Kapitalismus begonnen.Der Konzern mit drei Hauptfabriken und weiteren fünf Tochterunternehmen ist seit 1996 eine frei gehandelte Aktiengesellschaft.Rund zwei Mrd.Rubel (156,5 Mill.DM) setzte Roter Oktober 1998 um, 600 000 Rubel mehr als im Vorjahr.Das Unternehmen produzierte 83 000 Tonnen Schokolade und setzte sie nach eigenen Angaben komplett ab - trotz der russischen Wirtschaftskrise.Die sorgte auch dafür, daß vom vorläufigen Jahresüberschuß von 240 Mill.Rubel noch einiges abgezogen werden muß."Aber wir werden schwarze Zahlen schreiben", prophezeit Krasny Oktjabr-Präsident Anatoli Daurski.

Auch der schwergewichtige Chef des größten russischen Süßwarenherstellers wirkt wie ein Relikt: Genüßlich rezitiert er die Produktionsmenge jeder Fabrik als gelte es weiter Fünf-Jahres-Pläne zu erfüllen.Groß vor Begeisterung werden seine Augen, wenn eine der Roter-Oktober-Töchter kräftiges Wachstum vorzuweisen hat.Mit Stolz füllt sich die Stimme, als er vom Kauf des Werks in St.Petersburg im vergangenen Jahr berichtet: "Wir haben sie von Kraft Jacobs Suchard erworben.Natürlich ist es eine Genugtuung, eine Fabrik von einem Weltkonzern zu kaufen".

Künftig soll das Wachstum in ruhigeren Bahnen verlaufen."Im nächsten Jahr werden wir die 100 000 Tonnen-Grenze bei der Produktion übersteigen", sagt Daurski.Neue Akquisitionen schließt er aus: "Weiter werden wir uns nicht ausweiten.Es muß eine Konsolidierungsphase eingeleitet werden, in der die Werke zusammengeführt werden und sich auf einzelne Produkte spezialisieren".So werde die Konfektproduktion ab dem Frühsommer in Moskau zentralisiert.Dazu entsteht eine neue Fabrik, in die Roter Oktober 18 Mill.Dollar investiert.Generalunternehmer ist das auf Osteuropa spezialisierte Kölner Unternehmen Anton Ohlert.Die Investition bedeutet nicht, daß Roter Oktober von den Wirren in Rußland unberührt blieb."Die Krise hat uns ganz schön getroffen", sagt Präsident Daurski."Aber wir haben die Folgen abgeschüttelt." Ab November habe die Produktion wieder auf dem Niveau vor der Krise gelegen, im Dezember habe der Konzern sogar 8000 Tonnen Süßwaren hergestellt und 9000 Tonnen abgesetzt.Das Unternehmen hat die Krise besser überstanden als die ausländische Konkurrenz.So mußte die Stollwerck AG für einige Zeit ihr Werk schließen.Daurski hofft, daß sich jetzt die Wogen glätten.Mit verschmitztem Lächeln legt er einen Moment die Rolle des Apparatschniks ab: "Wir hatten schon zwei Krisen seit 1992 - das muß doch wohl reichen", sagt Daurski.Noch immer ist Roter Oktober fast ausschließlich abhängig von den heimischen Käufern.Nur drei Prozent der Produktion gehen ins Ausland, davon ein großer Teil nach Deutschland.Damit huldigt der Konzern auch seiner Vergangenheit.Gegründet wurde die Ursprungsfabrik vom Deutschen Theodor Ferdinand von Einem im Jahr 1867.Die gesamte Gruppe beschäftigt heute 4300 Mitarbeiter.

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