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Wirtschaft: Russische Börse springt von Hoch zu Hoch

Die russische Börse scheint den Zusammenbruch der Moskauer Finanzmärkte im Herbst 1998 endgültig überwunden zu haben. Der Kursanstieg ist ungebrochen.

Die russische Börse scheint den Zusammenbruch der Moskauer Finanzmärkte im Herbst 1998 endgültig überwunden zu haben. Der Kursanstieg ist ungebrochen. Denn selbst nach dem jüngsten Rückschlag für den Ölpreis hat der Moskauer RTS-Index, der stark von Ölaktien abhängt, nicht nachgegeben. Und auch bei Gewinnmitnahmen in Moskau und leichten Rückschlägen wie am Dienstag bleiben die im Westen gehandelten American Depositary Receipts (Anrechtsscheine auf Aktien) der russischen Papiere auf Kletterkurs.

Seit Jahresbeginn hat der RTS rund 45 Prozent zugelegt und notiert auf dem höchsten Stand seit vier Jahren. Er hat damit die beste Performance aller Börsen weltweit. Hintergrund des Börsenbooms ist das anhaltende überdurchschnittliche Wirtschaftswachstum. Hinzu kommt, dass Präsident Wladimir Putin und seine Regierung weitere durchgreifende Reformen anpacken wollen: Die Moskauer Vereinte Finanzgruppe erwartet sich von der heutigen Jahresbotschaft Putins weitere Wachstumsimpulse.

So soll der Strommarkt bis zum Jahr 2004 liberalisiert sein. Erste Schritte zur Reform des maroden Bankensektors werden durch den Verkauf der knapp 600 staatlichen Bankanteile, durch Fusionen und die Insolvenz von Mini-Instituten noch in diesem Jahr in Angriff genommen. Mehrwertsteuer und Sozialabgaben sollen drastisch sinken. "Der Markt realisiert jetzt die Reformbemühungen Putins", erklärt Angelika Millendorfer, Fondsmanagerin der in Russland stark engagierten österreichischen Raiffeisenbank. Weitere Impulse sind durch die politische Annäherung des Kreml an den Westen zu erwarten: Die USA denken derzeit daran, Russland endlich als Marktwirtschaft anzuerkennen.

Neben gesamtwirtschaftlichen Faktoren schlagen aber auch Unternehmenszahlen zu Buche: Während der Gasgigant Gazprom für das Vorjahr einen Gewinnrückgang verzeichnen wird, kündigte der Chef des Strommonopolisten UES, Anatolij Tschubajs, dem Handelsblatt an, sein Konzern habe den Profit im abgelaufenen Geschäftsjahr "mehr als verzehnfacht". Ein weiterer Kursschub für "rote" Aktien entsteht durch wachsende Nachfrage: Immer mehr Finanzinstitute planen die Auflegung von Russland-Fonds oder mischen russische Papiere in Fonds verstärkt bei.

"Übergewichten", empfiehlt auch Commerzbank Securities für Russland: "Wir halten an Russland als unserem Favoriten fest." Dies gelte vor allem für russische Anleihen. Auch der von der Moskauer Börsenaufsicht gerade verabschiedete Corporate-Governance-Kodex, der Unternehmen zu mehr Transparenz und Aktionärsschutz verpflichtet, verbessert das Marktumfeld für Russen-Aktien. Schließlich dürfte die Aufstockung des Anteils russischer Titel auf 3,9 Prozent im Emerging-Markt-Index (MSCI) nach Ansicht Moskauer Analysten für einen weiteren Liquiditätszufluss durch institutionelle Anleger führen.

Die steigende Nachfrage wird derweil durch weitere Börsengänge unterfüttert: So werden nach Moskauer Presseberichten die zwei führenden Süßwarenproduzenten - Roter Oktober und Rotfront - fusioniert. Ein Viertel der Aktien des neuen Schokoladenriesens soll an Westbörsen platziert werden. Die Analysten von Barings sehen Russland selbst bei weiter sinkenden Ölpreisen gut im Lot: Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 7,5 seien russische Aktien gegenüber westlichen Märkten (KGV 25 bis 30) in London und New York noch immer billig.

mbr, HB

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