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Wirtschaft: Rußland reißt Börsen in den Abgrund

BERLIN (Tsp).Der Deutsche-Aktien-Index (Dax) ist am Freitag um fast sechs Prozent eingebrochen.

BERLIN (Tsp).Der Deutsche-Aktien-Index (Dax) ist am Freitag um fast sechs Prozent eingebrochen.In Frankfurt sank das Börsenbarometer um 324,7 auf 5163,51 Zähler.Das war der größte Verlust in diesem Jahr.Im Gegenzug sprangen die Kurse öffentlicher Anleihen um bis zu 2,30 DM in die Höhe.Auslöser der Turbulenzen war die Mitteilung der russischen Zentralbank, sie habe nicht mehr ausreichend Devisen, um die Landeswährung zu stützen.Der Rubel werde nunmehr den freien Kräften des Marktes überlassen.

Die angesichts der dramatischen Finanzkrise des Staates und der Banken unter starkem Abwertungsdruck stehende russische Währung durchbrach am Freitag im Interbankenhandel die Marke von sieben Rubel zum US-Dollar.Es sei davon auszugehen, daß der Kurs der russischen Währung auch ohne die Intervention der Zentralbank nicht jenseits der am Montag fixierten Schwelle von 9,5 Rubel zum US-Dollar falle, sagte der stellvertretende Zentralbankchef Denis Kiseljow im russischen Rundfunk.

Zentralbankchef Sergej Dubinin hatte zuvor auf einer Sondersitzung des Parlaments gesagt, es sei weiterhin vorrangiges Ziel der Regierung, den Rubel und das Bankensystem zu verteidigen.Ministerpräsident Sergej Kirijenko bekräftigte auf der Krisensitzung die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Regierung.Was Rußland derzeit erlebe, sei erst der Beginn der Finanzkrise.

Insolventen russischen Banken sollte nach Einschätzung des russischen Schuldenunterhändlers Anatoli Tschubais ermöglicht werden, in Konkurs zu gehen."Wir brauchen eine Umstrukturierung, die auch bedeutet, daß insolvente Banken bankrott gehen können.Auch in der gegenwärtigen Finanzsituation", sagte Tschubais am Freitag in Moskau in einer Telefonkonferenz mit internationalen Finanzanalysten.

Im Interbankenhandel wurde der Rubel mit einem Kurs von 7,005 zum US-Dollar gehandelt nach 6,995 Rubel vom Vortag.In den Wechselstuben muß bereits seit Mittwoch der Höchstkurs von 9,5 Rubel je Dollar gezahlt werden.Zentralbank und Regierung hatten am Montag die Schwankungsbreite des Rubel-Kurses nach oben auf maximal 9,5 Rubel zum US-Dollar ausgeweitet und damit einen Kursverfall möglich gemacht.Der Moskauer Börsenindex RTS verlor bis zum Nachmittag 7,84 Prozent seines Werts und notierte bei 79,79 Punkten.In den vorherigen Tagen hatten sich die Verluste ebenfalls meist in dieser Größenordnung bewegt.

Bundeskanzler Helmut Kohl schloß weitere deutsche Kredite für Rußland momentan aus."Wir haben unseren russischen Freunden klipp und klar gesagt, daß sich die Frage neuer Kredite derzeit nicht stellt", sagte Kohl in Bonn.Er werde am Sonnabend mit dem russischen Präsidenten Boris Jelzin telefonieren.Der Internationale Währungsfonds hat Rußland ein Paket mit Hilfskrediten aus dem Ausland vermittelt.Demnach soll Rußland binnen zweier Jahre 22,6 Mrd.Dollar (knapp 40 Mrd.DM) Nothilfe bekommen, um einen Staatsbankrott abzuwenden.

In Frankfurt (Main) kamen am Freitag führende Vertreter deutscher Banken zu Beratungen über die wirtschaftliche Lage in Rußland zusammen.Wie die Deutsche Bank als Gastgeber mitteilte, nahmen an dem Treffen auch Finanzstaatssekretär Jürgen Stark und Helmut Schieber vom Direktorium der Deutschen Bundesbank teil.

Auf dem Parkett in Frankfurt verloren die 30 Standardwerte im Dax teilweise bis zu neun Prozent an Wert.Händler kommentierten den Mini-Crash mit Enttäuschung.Einige Anleger hätten mit ihren Verkäufen "mutwillig draufgeklopft".Auch institutionelle Anleger zogen sich aus den Aktien zurück.Analysten sehen den Abwärtstrend noch nicht am Ende.Aus technischer Sicht sei ein Sinken unter die 5000er Marke nicht ausgeschlossen, hieß es.

Am stärksten büßten die Papiere von Viag, RWE und Münchener Rück ein.Erneut mußten auch die Bankentitel abgeben.Händler machten hierfür Gerüchte aus Rußland über einen Bankenzusammenbruch verantwortlich.Der deutsche Rentenmarkt befand sich dafür auf einem wahren Höhenflug.

Einen Einbruch verzeichnete auch die Wall Street in New York.Der Dow Jones Index gab in den ersten Minuten zeitweise mehr als 200 Punkte ab.Neben Rußland belastete auch Japan den US-Aktienmarkt.

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