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RWE schockte am Donnerstag seine Belegschaft: Allein in Deutschland sollen 4750 Stellen gestrichen werden.

© Reuters

RWE im Tal der Tränen: Energiewende kostet 6750 Stellen

Jede zehnte Stelle soll wegfallen - mit dieser Nachricht schockte RWE seine Belegschaft. "Die guten Jahre sind vorbei", sagte Konzernchef Peter Terium. Schuld sei die Energiewende.

Die Energiewende kostet Geld – und Arbeitsplätze. Jedenfalls bei den großen Energieversorgern. Nachdem Vattenfall, EnBW und Eon den Abbau von vielen tausend Stellen bereits vollzogen oder angekündigt haben, schockte am Donnerstag RWE die eigene Belegschaft. Konzernweit sollen in den kommenden drei Jahren 6750 Stellen wegfallen, davon 4750 hierzulande. Derzeit beschäftigt der nach Eon zweitgrößte Stromkonzern rund 67 000 Mitarbeiter.

Durch den Abbau und andere „Schritte zur Effizienzsteigerung“ verspricht sich RWE-Chef Peter Terium einen zusätzlichen Gewinn von 500 Millionen Euro pro Jahr ab 2017. An der Börse führen solche Nachricht zumeist zu Kursgewinnen – nicht so am Donnerstag: Mit einem Abschlag von mehr als fünf Prozent war die RWE-Aktie das schwächste Papier im Dax. Terium hatte die Bekanntgabe der jüngsten Quartalszahlen zu einem ernüchternden Ausblick genutzt. Der Konzern gehe durch „ein Tal der Tränen“, und dieses Tal sei tief und lang. „Wir werden das Ergebnis des laufenden Jahres auf absehbare Zeit nicht mehr erreichen“, sagte Terium.

„Unser traditionelles Geschäftsmodell bricht uns unter den  Füßen weg“

Das ist die Situation bei allen vier großen Versorgern: Trotz Energiewende – also Ausstieg aus der Kernkraft bis 2022, massive Förderung erneuerbarer Energien und zunehmend unwirtschaftliche konventionelle Kraftwerke – verdienen sie in diesem Jahr noch gut. Aber dann geht es bergab. „Unser traditionelles Geschäftsmodell bricht uns unter den  Füßen weg“, klagte Terium. Der zunehmende Anteil der Erneuerbaren und das Überangebot an Kraftwerkskapazitäten habe die Großhandelspreise an der Strombörse seit 2010 von mehr als 60 auf 38 Euro je Megawattstunde abstürzen lassen.

Stromerzeugung und -absatz blieben dann auch in den ersten neun Monaten um gut vier Prozent unter dem Vorjahresniveau. Profitiert hat der Konzern vom höheren Gasabsatz. Der Betriebsgewinn von 4,6 Milliarden Euro fiel in den ersten drei Quartalen ebenso hoch aus wie vor einem Jahr. In diesem Gewinn ist aber eine Milliarde Euro vom russischen Gaslieferanten Gazprom enthalten; diese Rückzahlung stand am Ende eines langen Rechtsstreits über zu hohe Preise, die der Staatskonzern über Jahre kassiert hatte. Auch wegen dieses einmaligen Effektes erwartet RWE für das Gesamtjahr ein Betriebsergebnis von 5,9 Milliarden Euro. Für 2014 werden zwischen 4,5 und 4,9 Milliarden Euro angepeilt.

„RWE wirft mit Zahlen um sich, als befänden wir uns in einer Bingo-Spielhalle“

Neben dem Stellenabbau versucht sich der Konzern mit dem Verkauf von Unternehmensteilen und Investitionskürzungen auf die Herausforderungen der Energiewende einzustellen. Unwirtschaftliche Kraftwerke werden abgestellt, für Reserveanlagen, die dann gebraucht werden, wenn es keinen Ökostrom gibt, fordert RWE ebenso wie Eon die Unterstützung des Staates – oder der Verbraucher. Wie diese sogenannten Kapazitätsmärkte funktionieren werden, ist Gegenstand der Koalitionsverhandlungen. Einig sind sich Union und SPD zumindest in der Einschätzung, dass „konventionelle Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Gas) als Teil des nationalen Energiemixes auf absehbare Zeit unverzichtbar sind“. RWE erzeugt rund die Hälfte seines Stroms mit der Verfeuerung von Braunkohle.

Auf den avisierten Stellenabbau des Essener Konzerns reagierten die Gewerkschaften bissig. „RWE wirft mit Zahlen um sich, als befänden wir uns in einer Bingo-Spielhalle“, meinte Peter Hausmann, Vorstandsmitglied der IG BCE. „Es kann nicht sein, dass die Beschäftigten die Zeche für eine verfehlte Konzernstrategie zu zahlen haben.“ Eine Verdi- Sprecherin erinnerte an den Beschäftigungssicherungsvertrag, der betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2014 ausschließe. Am 11. Dezember beginnen Verhandlungen über eine Verlängerung dieser Abmachung. Der nun geplante Personalabbau betrifft nach Konzernangaben vor allem den Kraftwerksbereich (2300 Stellen), die Zusammenfassung von Querschnittsbereichen (2400) und den vorgesehen Verkauf der Öltochter Dea mit 1400 Arbeitsplätzen. Im polnischen Krakau wird derzeit ein Servicebereich aufgebaut, der für den Konzern Rechnungen bearbeitet.

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