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Wirtschaft: RWE muss Firmenkunden entschädigen

Bundeskartellamt und Energiekonzern legen Streit über CO2-Zertifikate bei

Berlin - Das Bundeskartellamt und der zweitgrößte deutsche Energiekonzern RWE haben ihren Streit um die Einrechnung von kostenlos zugeteilten CO2–Verschmutzungsrechten bei Strompreisen beigelegt. Die Wettbewerbshüter verpflichteten RWE, Strom an Industriekunden zu versteigern und dabei den Käufern den Wert der CO2-Zertifikate gutzuschreiben. Im Gegenzug stellt das Kartellamt das 2005 eröffnete Verfahren gegen RWE ein. Der Essener Konzern zog nach eigenen Angaben die Einigung einer gerichtlichen Auseinandersetzung durch mehrere Instanzen vor. Auf Privatkunden hat das Verfahren keinen Einfluss.

In einem parallelen Verfahren gegen Eon, den größten deutschen Energiekonzern, zeichnet sich eine ähnliche Lösung ab. Es würden „konstruktive Gespräche geführt“, teilte das Kartellamt mit. Die Einigung im Streit um die CO2-Zertifikate bedeute „aber keineswegs das Ende der Befassung meiner Behörde mit den hohen Strompreisen und ihren strukturellen Ursachen“, sagte Behördenchef Bernhard Heitzer am Donnerstag in Bonn.

Seit Anfang 2005 müssen Kraftwerke und Unternehmen, die Kohlendioxid in die Luft blasen, Emissionsberechtigungen für ihre Produktion haben. Will ein Unternehmen mehr CO2 ausstoßen, muss es Zertifikate hinzukaufen. Wer weniger CO2 ausstößt, als er dürfte, kann Verschmutzungsrechte verkaufen. Obwohl die Stromversorger die Zertifikate seinerzeit kostenlos von der Bundesregierung bekommen hatten, hatten sie die fiktiven Preise für die Rechte in voller Höhe auf ihre Tarife aufgeschlagen. Die Preise seien 2005 um bis zu 50 Prozent gestiegen, kritisiert die Wirtschaftsvereinigung Metalle (WVM). Der Verband der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) beziffert den jährlichen Schaden für die Industriekunden auf mehrere Milliarden Euro. Gegen die hohen Strompreise hatten fünf Industrieverbände, darunter der VIK und die WVM, sowie ein Stromhändler Beschwerde beim Kartellamt eingelegt.

Der VIK nannte die Einstellung des Verfahrens „sehr bedauerlich“. Noch vor einem Jahr hätte die Wettbewerbsbehörde die Strompreise als „missbräuchlich überhöht“ kritisiert, jetzt sei davon keine Rede mehr. „Dieses Ergebnis stößt auf großes Unverständnis“, kritisierte der Verband am Donnerstag. Nach Meinung des VIK ist auch die vorgeschlagene Stromauktion nur ein „Placebo“, weil sich die Preise auf dem üblichen Großhandelsniveau bewegen würden. Das sieht der Kartellamtschef jedoch anders. Heitzer glaubt, dass die Preise unter denen an der Leipziger Energiebörse EEX liegen werden, weil bei der Versteigerung andere Versorger und Finanzinstitute nicht als Bieter auftreten dürfen.

RWE hat sich verpflichtet, ab 2008 in 16 Auktionen Strom an Industriekunden zu versteigern. Den Käufern muss der Konzern dabei den Wert der CO2-Zertifikate gutschreiben, die auf die betreffenden Mengen entfallen. Insgesamt handelt es sich – über vier Jahre verteilt – um eine Strommenge von 6300 Megawatt. Dieses entspricht nach Unternehmensangaben „nahezu dem jährlichen Absatz von RWE an Industriekunden in Deutschland“. Das Kartellamt beziffert den Wert des Stroms auf fast 2,6 Milliarden Euro, den Wiederverkaufswert der CO2-Zertifikate auf 490 Millionen Euro.

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