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Wirtschaft: RWE trennt sich von Hochtief

Energieversorger nutzt den hohen Börsenkurs und will eine Milliarde Euro aus dem Verkauf kassieren

Berlin (msh/fo). Der Energiekonzern RWE verkauft seine Mehrheitsbeteiligung von 56 Prozent am größten deutschen Baukonzern Hochtief an Finanzinvestoren. Die Aktien im Wert von rund einer Milliarde Euro gehen an institutionelle Anleger wie Investmentfonds, Versicherungen oder Banken, teilte RWE am Mittwoch mit. Hochtief begrüßte die Entscheidung von RWE. Sie entspreche voll und ganz den Interessen des Baukonzerns, sagte ein Sprecher.

RWEChef Harry Roels setzt mit dem Verkauf die Neuorganisation des Energiekonzerns fort. Roels will das Geschäft stärker auf die Kernbereiche Strom, Gas und Wasser konzentrieren und den Schuldenstand verringern. Die Konzernschulden senkte der seit einem Jahr amtierende Vorstandschef um fünf Milliarden auf 19 Milliarden Euro. Jetzt steht noch der Verkauf der Sparte RWE Umwelt mit mehr als zwei Milliarden Euro Umsatz an. An diesem Donnerstag wird Roels die Bilanz für das Geschäftsjahr 2003 präsentieren.

Der Verkauf der 39,3 Millionen Hochtief-Aktien bringt RWE rund eine Milliarde Euro ein. Matthias Heck, Analyst bei Sal. Oppenheim, hält den Zeitpunkt der Trennung von Hochtief für gut gewählt. Die Hochtief-Aktie habe sich in der letzten Zeit erholt, sei aber „noch nicht zu teuer“, um sie bei Investoren platzieren zu können. Auch der Verkaufspreis knapp unter der aktuellen Notierung sei kein Problem. Denn „für die RWE-Aktionäre ist die klare Konzentration auf das Kerngeschäft wichtiger als ein oder zwei Prozent mehr Verkaufserlös“, sagte Heck. Zwar könne RWE mit der Transaktion seine Schulden weiter verringern, das Thema belaste den Energiekonzern aber nicht mehr entscheidend.

Der Großteil der Hochtief-Aktien wurde den Finanzinvestoren in einem Bookbuildung-Verfahren (siehe Lexikon, Seite 18) angeboten. Der Verkaufspreis betrug am Ende 23 Euro, was insgesamt 750 Millionen Euro Verkaufserlös. ausmacht. Am Mittwoch legte die Hochtief-Aktie an der Börse um 3,29 Prozent auf 24,46 Euro zu. RWE verloren dagegen 1,2 Prozent auf 32,71. Neben der Aktienplatzierung bot RWE europäischen Investoren eine Umtauschanleihe für Hochtief-Aktien im Wert von 250 Millionen Euro an.

RWE suchte bereits seit längerem nach einem Käufer für das Aktienpaket von Hochtief. Nach Angaben aus Unternehmenskreisen hätten ausländische Konzerne aber abgewunken, weil der seit Jahren schrumpfende Baumarkt in Deutschland kein gutes Geschäft verspricht. Die deutsche Konkurrenz verfüge dagegen nicht über die finanziellen Mittel für eine Übernahme und hätte sich wahrscheinlich Probleme mit dem Kartellamt eingehandelt.

Hochtief ist seit der Pleite des Marktführers Philipp Holzmann mit einer Bauleistung von 11,7 Milliarden Euro und 34 000 Mitarbeitern der größte deutsche Baukonzern. Im Inland werden aber nur noch 8000 Mitarbeiter beschäftigt. Branchenexperten bewerteten den Verkauf an Finanzinvestoren positiv. „Dieser Schritt gibt dem Hochtief-Management mehr Entscheidungsfreiheit“, sagte Erhard Schmitt, Bauexperte von Helaba Trust. In Zukunft könne der Vorstand noch zügiger seine Strategie vorantreiben, ohne sich mit einem Mehrheitsgesellschafter abstimmen zu müssen. Hochtief-Chef Hans-Peter Keitel treibt die Internationalisierung des Konzerns voran, um sich vom schwachen deutschen Baumarkt unabhängiger zu machen. Als zweites Standbein baut Keitel die Dienstleistungssparte mit dem Schwerpunkt Gebäudemanagement konsequent aus, wo ebenfalls größere Gewinne zu erwarten sind als im traditionellen Baugeschäft.

Hochtief und RWE haben auf eine gemeinsame Geschichte seit 1926, als RWE aus dem Nachlass des Unternehmers Hugo Stinnes 30 Prozent der Hochtief-Aktien erwarb. Nach und nach stockte der Stromkonzern weiter auf und wurde 1990 Mehrheitsaktionär.

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