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Wirtschaft: RWE will aus dem Schatten von Eon

Stromkonzern sammelt Geld für Übernahmen

Essen - RWE will beim europaweiten Übernahmepoker in der Energiebranche stärker mitmischen. „Wir möchten klar auf Wachstum setzen“, sagte Vorstandschef Harry Roels am Donnerstag in Essen und reagierte damit auf den geplanten Übernahme-Coup des Düsseldorfer Konkurrenten Eon. Eon hatte am Dienstag sein 29-Milliarden-Euro-Angebot für den spanischen Energieversorger Endesa bekannt gegeben. Das Geschäft würde Eon in die Position des weltgrößten Energieversorgers katapultieren, während RWE gemessen am Börsenwert auf Platz vier verharrt.

Gleichzeitig erteilte Roels Gerüchten eine Absage, nach denen RWE den Eon-Vorstoß in Kürze mit einem ähnlich spektakulären Kaufangebot kontern wolle. „Die Tatsache, dass man mehr Mittel für Investitionen und auch Akquisitionen hat, darf nicht dazu führen, dass einem das Geld gleich durch die Tasche brennt“.

Nicht zuletzt wegen der hohen Strom- und Gaspreise hat auch RWE seine Gewinne 2005 gesteigert – um 4,4 Prozent auf jetzt 2,23 Milliarden Euro bei einem Umsatz von 41,8 Milliarden Euro. Für 2006 erwartet RWE ein Ergebniswachstum von fünf bis zehn Prozent – und damit weniger als eine Investmentbank-Studie, die von 25 Prozent ausging. Die Aktie gab am Donnerstag zeitweise um drei Prozent nach. Am Vortag hatten die Papiere noch um etwa vier Prozent zugelegt, auch, weil Händler auf eine Übernahme durch RWE gesetzt hatten. „Da ist momentan auch Testosteron im Markt", wiegelte Roels das Engagement des Konkurrenten und die enthusiastischen Reaktionen ab. „Ich mahne zu Coolness und Ruhe.“

Hinter den unklaren Expansionsplänen steht nicht nur die Coolness des RWE-Chefs. Genug Geld für größere Übernahmen hat der Konzern nach eigenen Angaben erst dann in der Hand, wenn er sich von zwei Wasserversorgern in Großbritannien und den USA trennt. Sie sollen etwa 15 Milliarden Euro bringen. Die Firmen hatte sich RWE unter Ex-Chef Dietmar Kuhnt zugelegt, der den Konzern als Rundum-Versorger profilieren wollte. Roels hat nun den Kurswechsel eingeleitet – RWE will sein Geld nun künftig noch stärker mit Strom und Gas verdienen. Roels kündigte am Donnerstag an, das Atomkraftwerk Biblis solle länger am Netz bleiben als bislang vorgesehen. RWE werde die gesetzlichen Möglichkeiten zur Übertragung von Strommengen und damit zur Laufzeitverlängerung in Anspruch nehmen. Einen Antrag für Biblis A kündigte er für das zweite Quartal dieses Jahres an. Biblis A sollte eigentlich 2008 vom Netz gehen.

Ähnlich der Konkurrenz, zu der auch die französische EdF und der italienische Versorger Enel gehören, muss sich RWE in eine günstige Position auf dem europäischen Markt bringen, der seit einem Jahr in Bewegung geraten ist. EdF hatte bereits vor Eon Konkurrenten für Milliardenbeträge übernommen. Bevor RWE jedoch zum Sprung ansetzt, konzentriert sich das Unternehmen auf kleinere Zukäufe. Zudem will Roels, früher Manager bei Shell, stärker auf die Förderung von Gas und Öl setzen.

Nils-Viktor Sorge

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