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Wirtschaft: RWE will Strom noch teurer machen

Energiekonzern steigert den Gewinn im zweiten Quartal deutlich – Aktie bricht trotzdem ein

Essen - Die deutschen Verbraucher müssen auch im kommenden Jahr mit weiter steigenden Strompreisen rechnen. Am Dienstag kündigte der zweitgrößte deutsche Energieversorger RWE an, er kalkuliere die Privattarife für das Jahr 2005 neu und sei deshalb gerade in Gesprächen mit den Behörden.

Versorger müssen Strompreiserhöhungen in den Wirtschaftsministerien der einzelnen Bundesländern beantragen. Bereits Anfang diesen Jahres hat der Essener Konzern die Stromkosten für Haushaltskunden um durchschnittlich drei Prozent erhöht. Dass es bei den Strompreisen eher rauf als runter geht, zeigt auch das Vorhaben der Energiekonzerne, die Nutzungsentgelte für die Stromnetze anheben zu wollen. Diese Gebühren werden den Lieferanten für die Durchleitung ihres Stroms in Rechnung gestellt und fließen in die Stromrechnung ein. Neben dem nordostdeutschen Energieversorger Vattenfall und dem baden-württembergischen Stromkonzern EnBW will sich auch RWE an der Preisanhebungsrunde beteiligen. „Wir werden die Erhöhungen machen müssen“, sagte RWE-Chef Harry Roels und begründete dies unter anderem mit Milliardeninvestitionen in die deutschen Stromnetze. „Ein hoher Standard hat seinen Preis.“

Bis zum Jahr 2010 will RWE zwei bis drei Milliarden Euro in neue und den Ausbau alter Kraftwerke investieren. „Wir werden unseren Teil dazu nur dann beitragen können, wenn sich diese Investitionen rechnen“, sagte Roels. Gleichzeitig verteidigte der RWE-Chef die Strompreiserhöhungen in den vergangenen beiden Jahren. Die Preise in der Anfangsphase der Liberalisierung des Strommarktes, die 1998 begonnen hat, hätten teilweise die Erzeugungskosten nicht gedeckt. „Dieses Preisdumping im Wettbewerb um Marktanteile war ein Fehler.“ Deshalb sei der Preisanstieg in der letzten Zeit eine Korrektur. Zum Vergleich verwies der RWE-Chef auf die Erzeugerpreise für Strom in anderen europäischen Ländern. Diese seien in ähnlichem Maße wie in Deutschland gestiegen.

Verbraucherschützer kritisieren dieses Vorgehen als Abzocke. „Es ist völlig unverständlich, wie die Konzerne dauernd Gewinnsteigerungen präsentieren können und gleichzeitig noch mehr für den Strom verlangen wollen“, sagte Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher dem Tagesspiegel. „Aus unserer Sicht sind die Strompreise in Deutschland um mindestens zwölf Milliarden Euro pro Jahr überhöht.“ Vor allem die Gewinnspannen der Energieversorger bei der Netznutzung seien so gewaltig, dass sie die Investitionskosten um ein Vielfaches übersteigen würden.

RWE-Chef Roels kontert. „Ich verstehe, dass Verbände und Verbraucher mit der Strompreisentwicklung unzufrieden sind“, sagte der RWE-Chef. „Aber die Kritik geht an die falsche Adresse. Denn die Liberalisierungsgewinne, die ursprünglich für den Verbraucher gedacht waren, werden mittlerweile komplett vom Staat abgeschöpft.“ Ausschlaggebend dafür seien vor allem die Anhebung der Stromsteuer und die Förderung erneuerbarer Energien sowie der Stromerzeugung mit Kraft-Wärme-Kopplung.

Dass die deutschen Energieversorger aber keineswegs die Leidtragenden dieser Entwicklung sind, zeigt die Halbjahresbilanz von RWE. Wegen des Verkaufs großer Beteiligungen, etwa des Essener Baukonzerns Hochtief, ging der Umsatz im zweiten Quartal 2004 auf 8,9 Milliarden Euro, nach 9,6 Milliarden Euro im Vorjahresquartal. Trotzdem stieg der Betriebsgewinn auf rund 1,3 (1,1) Milliarden Euro. „Wir konnten alle unsere selbst gesteckten Ziele erreichen“, sagte Roels. Im Gesamtjahr will RWE nun das Betriebsergebnis im einstelligen Prozentbereich steigern.

Die Börse reagierte trotz der guten Zahlen enttäuscht: RWE-Aktien gehörten am Dienstag zu den größten Verlierern im Dax. Die Papiere verloren bis 2,02 Prozent auf 39,87 Euro.

Der größte deutsche Energieversorger Eon will seine Zahlen am Donnerstag vorlegen.

Tobias Symanski

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