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Wirtschaft: Salzgitter: Geschichte einer Scheinprivatisierung

DÜSSELDORF .Im Frühjahr 1998 war es ein Wahlkampfschlager.

DÜSSELDORF .Im Frühjahr 1998 war es ein Wahlkampfschlager.Der Preussag-Konzern wollte sein Stahlgeschäft an die Voest Alpine in Österreich verkaufen.Gerhard Schröder verhinderte die Nacht-und-Nebel-Aktion zusammen mit dem Preussag-Stahl-Vorstand Hans Joachim Selenz: Das Land Niedersachsen kaufte selbst.

Beide, Selenz und Schröder, hatten ihre Gründe: Selenz wollte den Verkauf des Stahlbereichs verhindern, Schröder trieb die Sorge, mitten im Landtagswahlkampf könnte der Verkauf an ein ausländisches Unternehmen Stimmen kosten.So übernahm das Land Niedersachsen die Preussag Stahl und verselbständigte das Unternehmen kurzerhand zur Salzgitter AG.Die rund 13 000 Arbeitsplätze in Niedersachsen schienen gesichert.Die Salzgitter AG ging im Mai vergangenen Jahres an die Börse.Im November konnte der Vorstand Rekordergebnisse für das Jahr 1997/98 verkünden: Der Konzernumsatz stieg um 15 Prozent auf 6,2 Mrd DM.

Nachdem die Norddeutsche Landesbank zur Kursstützung fast 50 Prozent der Aktien zurückkaufen mußte, ist die Salzgitter heute de facto ein Unternehmen im Staatsbesitz.Die niedersächsische CDU-Opposition spricht daher von einer "Scheinprivatisierung".

In der Zwischenzeit hatte sich der Vorstandsvorsitzende Hans-Joachim Selenz nach einem Käufer für die vom Land Niedersachsen und der NordLB gehaltenen Mehrheitsanteile umgesehen.Das Stahlgeschäft ohne Partner allein zu betreiben, schien in der immer schwächer werdenden Stahlkonjunktur aussichtslos.In der luxemburgischen Arbed-Gruppe, mit der er seit dem 23.Dezember verhandelte, glaubte Selenz den geeigneten Partner gefunden zu haben.Doch Selenz hatte nicht mit dem Widerstand des Betriebsrates gerechnet.Er fühlte sich hintergangen.Schließlich sei es bei dem Deal vor einem Jahr darum gegangen, die Arbeitsplätze zu sichern, diese stünden nun wieder zur Disposition.

Doch nicht nur Selenz wurde heftig kritisiert.Auch Niedersachsen Ministerpräsident Gerhard Glogowski wurden Verfehlungen bei den Verhandlungen mit Arbed vorgeworfen.Glogowski legte schließlich sein Aufsichtsratsmandat nieder.Selenz bot nach seinen Rücktritt an.Der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Peter Adams zog seine erneute Kandidatur für das Gremium zurück.

SIMAONE MATTHAEI

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