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Wirtschaft: „Samstag gehört Vati mir“ – das war gestern

Studie: Dienstleistungen verändern Arbeitszeiten – Jeder vierte Beschäftigte kassiert Zuschläge

Berlin – Die Deutschen arbeiten immer häufiger auch am Wochenende oder nachts: Fast jeder zweite männliche Arbeitnehmer geht samstags zur Arbeit (47 Prozent), im Jahr 1991 waren es nur 39 Prozent. Bei den Frauen sind es heute gut 40 Prozent der Beschäftigten, während 1991 der Anteil nur bei 33 Prozent lag. Das ist das Ergebnis einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zu Arbeitszeiten in Deutschland. „Der Trend zur Wochenendarbeit wird sich weiter fortsetzen“, prognostiziert Hartmut Seifert, Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Stiftung.

Als Gründe für die zunehmende Wochenend- und Nachtarbeit nennt der Wissenschaftler die „Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft“. Viele Dienstleistungen werden inzwischen auch unabhängig von Wochentag und Uhrzeit angeboten: Ältere Menschen nehmen Pflegedienste in Anspruch, Gebäude werden rund um die Uhr bewacht, Zeitungen erscheinen auch am Sonntag. „Die alternde Gesellschaft wird dazu führen, dass mehr Dienstleistungen auch außerhalb der klassischen Arbeitszeiten genutzt werden“, sagt Seifert.

In der verarbeitenden Industrie setzen außerdem mehr Betriebe auf Schichtarbeit: Für die Unternehmen lohnt es sich bei guter Auftragslage, ihre Maschinen rund um die Uhr laufen zu lassen. Mit längerer Nutzung können sie den steigenden Kapitalkosten begegnen. Als dritte Ursache nennt der WSI-Experte die Einflüsse der Globalisierung: Zum Beispiel beobachten Börsenmakler nicht nur die Kurse in Frankfurt, sondern auch in Tokio. Oder bei international tätigen Firmen arbeiten deutsche und indische Mitarbeiter Hand in Hand.

Die Sonntagsarbeit hat im Vergleich nicht so stark zugelegt wie samstags. Während heute jeder Fünfte (22 Prozent) am Sonntag arbeiten geht, waren es 1991 etwa 17 Prozent. Nachts arbeiten 14 Prozent der Arbeitnehmer, im Jahr 1991 waren es mit 13,4 Prozent nur knapp weniger.

Für Väter und Mütter wird es durch diese Arbeitszeiten nach Ansicht von Seifert schwieriger, Familie und Beruf zu „synchronisieren“. Der alte Gewerkschaftsslogan aus den 60er Jahren „Samstags gehört Vati mir“ sei heute nicht mehr gültig, heißt es in der Kurzfassung der Studie, die Ende August in den WSI-Mitteilungen veröffentlicht wird.

Nach den Berechnungen von WSI-Leiter Seifert wäre etwa jeder vierte Beschäftigte betroffen, wenn die Steuervorteile für Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge abgeschafft würden – wie die Union es im Falle eines Regierungswechsels angekündigt hat. Seifert plädiert stattdessen dafür, die Geldzuschläge in Freizeitausgleich umzuwandeln: Dadurch würden zwar die Einkommen sinken. Gleichzeitig würden aber auch gesundheitliche und soziale Belastungen verringert, die mit Schicht- und Wochenendarbeit verbunden sind. Seifert sagt: „Das wünschen sich auch die meisten Beschäftigten.“

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