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Wirtschaft: Sanierer geht – Sanierungsfall bleibt

Angeschlagene Wohnungsbaugesellschaft Mitte verliert nach nur eineinhalb Jahren ihren Geschäftsführer

Berlin - Er kam vor nur eineinhalb Jahren und sollte die schwer angeschlagene Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) wieder auf Kurs bringen. Doch nun verlässt der kaufmännische Geschäftsführer Horst Korthold das Unternehmen schon wieder, wie eine Sprecherin am Samstag bestätigte. WBM steckt noch immer in der Krise. Dennoch betont die Sprecherin, dass die Trennung einvernehmlich erfolge. Eine Gefahr für die Sanierung der Gesellschaft bestehe nicht. Zur Entschuldung der Firma sollten ursprünglich bis zu 15 000 Wohnungen verkauft werden. Doch politischer Druck verhinderte dieses Vorhaben vorerst.

Kortholt werde aus „familiären Gründen“ Ende August den Chefsessel räumen, sagte WBM-Sprecherin Steffi Pianka. Der Manager habe zwischen Berlin und Frankfurt pendeln müssen, wo seine Frau lebe. Kortholts Stelle soll wieder ausgeschrieben werden. Zeitlicher Druck bestehe nicht. Wichtige Aufgaben aus dem Bereich von Kortholt soll der „Bankenspezialist“ Thomas Esterle übernehmen, der erst vor kurzem zur WBM gekommen sei.

Aus Unternehmenskreisen ist zu erfahren, dass sich Kortholt für eine deutliche Abwertung eines großen Teils der Wohnungsbestände in der landeseigenen Gesellschaft ausgesprochen haben soll. Dieser Kurs soll umstritten gewesen sein, weil dies die Bilanz der ohnehin angeschlagenen Gesellschaft zusätzlich belastet hätte. Die WBM hat das vergangene Jahr mit einem Verlust in Höhe von rund elf Millionen Euro abgeschlossen. Zu den großen Problemen der Gesellschaft zählen Fondsgeschäfte früherer Geschäftsführer. Sie allein verursachen heute jährlich Verluste in Höhe von rund vier Millionen Euro.

Um die Verantwortlichkeit für diese Geschäfte zu klären, hat das Abgeordnetenhaus in der vergangenen Woche finanzielle Mittel in Höhe von 75 000 Euro freigegeben. Externe Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte werden unter anderem prüfen, warum auch die Aufsichtsräte aus den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und für Finanzen den Fondsgeschäften zugestimmt haben. Diese hatten zunächst rund 500 Millionen Euro in die Kassen der WBM gespült. Doch im Gegenzug wurden wertvolle Immobilien verkauft, darunter Wohnungen im Nicolaiviertel und Hochhäuser an der Friedrichstraße. Zwar kann die WBM die Immobilien in etwa zwölf Jahren zurückkaufen. In diesem Fall müsste die Gesellschaft jedoch fast den vollständigen Erlös wieder zurückzahlen.

Zu den laufenden Verlusten kommt es bei den Fondsgeschäften derzeit deshalb, weil die WBM den Käufern hohe Einnahmen garantierte, die nicht in voller Höhe durch die Mieterträge der Immobilien gedeckt werden.

Zum Jahresende 2005 hatte die WBM rund 27 000 Wohnungen im Bestand sowie rund 900 Gewerbeeinheiten. Die Verbindlichkeiten des Unternehmens belaufen sich auf rund 1,2 Milliarden Euro. Davon sind rund 840 Millionen Euro in den Grundbüchern der Immobilien abgesichert. Der Senat genehmigte der Firma den Verkauf von 3000 Wohnungen in diesem Jahr. Darunter sind 1700 Objekte in der Dammweg-Siedlung in Berlin-Neukölln. Die Banken der WBM haben aufgrund der Sanierungspläne teilweise einer Aussetzung der Tilgung der Kredite bis Ende dieses Jahres zugestimmt. Beobachter rechnen mit weiteren Wohnungsverkäufen nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus.

Das Ausscheiden von Kortholt war bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nicht bekannt. Die Senatsverwaltung für Finanzen wollte die Personalie am Wochenende nicht kommentieren.

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