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Sanierung: Airbus setzt das Sparprogramm um

Trotz Auftragsflut: Das niedersächsisches Werk Nordenham steht auf der Verkaufsliste bei Airbus ganz oben.

Paris - Der europäische Flugzeugbauer Airbus macht ernst mit dem geplanten Verkauf von sechs seiner Werke. Bei der Suche nach Partnern für die Standorte, die im Rahmen des Sparprogramms „Power 8“ abgegeben werden sollen, hätten die Standorte Filton in Großbritannien, Méaulte in Frankreich und das Werk im niedersächsischen Nordenham Priorität, sagte Fabrice Brégier, leitender Geschäftsführer bei Airbus, auf der Luftfahrtmesse Le Bourget in Paris. Bereits in den nächsten Wochen solle es hier Besichtigungen durch die in die engere Wahl gezogenen Bewerber geben.

Der Flugzeugbauer war im vergangenen Jahr wegen Lieferverzögerungen beim Superjumbo A 380 und hohen Kosten für die Nachbesserung der neuen Langstreckenmaschine A 350 in eine schwere Krise geraten. Daraufhin wurde das Sparprogramm Power 8 aufgelegt, das unter anderem den Abbau von 10 000 Stellen vorsieht, darunter 3700 in Deutschland. Außerdem will Airbus mehrere Werke verkaufen oder dafür Partner suchen.

Bei der Luftfahrtmesse, die am Sonntag zu Ende geht, wollte Airbus dagegen nur gute Nachrichten verkünden. Doch im Wettlauf mit dem Erzrivalen Boeing konnten die Europäer nur auf den ersten Blick Boden gut machen. Bei den neuen Modellen haben die Amerikaner sogar die Nase vorn. Boeing konnte 50 Maschinen seines neues Flaggschiffes 787 „Dreamliner“ verkaufen. Airbus brachte es nur auf 14 echte Neubestellungen für sein Konkurrenzmodell, die Neuauflage des A 350.

Noch vor wenigen Tagen hatte Airbus- Chef Louis Gallois erklärt, man strebe nicht mehr die Marktführung bei den großen Verkehrsjets an. Dennoch veranstaltete Airbus geradezu ein Ankündigungsfeuerwerk. Die Pressekonferenzen, bei denen Verkaufschef John Leahy Kunden präsentierte, gingen teilweise im Viertelstundentakt über die Bühne. Ein indischer Fluglinienchef wurde samt seinem Luftfahrtminister eiligst vom Podium gedrängt, weil schon die nächsten Kandidaten aus Libyen warteten.

425 Festbestellungen und 303 Kaufoptionen lautete gestern die Airbus-Bilanz. Doch manch vermeintlich spektakulärer Großauftrag erwies sich bei näherer Betrachtung als alter Hut. So war etwa die Rekordbestellung von Qatar Airways für 80 A 350 im Mai schon einmal gemeldet worden. In Paris hatten die Araber nur den Vertrag unterschrieben. Oft war in den Mitteilungen auch gar nicht von Festaufträgen die Rede, sondern von Verträgen, Verpflichtungen oder Absichtserklärungen. Nach Berechnungen des Tagesspiegel blieben unter dem Strich 256 echte Neuaufträge übrig (siehe Grafik). Auch das ist noch mehr als das Doppelte der 116 Festbestellungen, die Boeing bekannt gab. Die Amerikaner hatten aber schon im Vorfeld der Messe viele Verkäufe gemeldet. „Wir teilen Aufträge dann mit, wenn sie erteilt wurden“, sagte Scott Carson, Chef der Boeing-Zivilflugzeugsparte.

Echte Verkaufsschlager sind bei beiden nach wie vor die gerade bei Billigfliegern begehrten Kurzstrecken-Flugzeugfamilien Airbus A 320 und Boeing 737.

Angesichts der Auftragsflut forderten deutsche und französische Gewerkschaften eine Reduzierung des geplanten Stellenabbaus bei Airbus. Gallois, der auch Co-Chef der Konzernmutter EADS ist, kündigte aber an, bei einer weiteren Verschlechterung des Dollarkurses werde mit weiteren Maßnahmen reagiert.

Eine Möglichkeit, an zusätzliche Mittel zu kommen, erwähnte der deutsche EADS-Co-Chef Thomas Enders gegenüber der „Financial Times“. Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern erwäge den Verkauf seiner Beteiligung am französischen Flugzeugbauer Dassault Aviation, sagte er. Diese Möglichkeit werde auf höchster Ebene besprochen. Derzeit wären die 46 Prozent, die EADS an Dassault hält, rund 3,5 Milliarden Euro Wert. Enders’ Aussage wurde jedoch von Gallois umgehend dementiert: EADS prüfe diesen Verkauf nicht, teilte er mit.

Rainer W. During

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