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Schaeffler in der Krise: Zugeständnisse fürs Überleben

Die Familie will Teile des Konzerns verkaufen und braucht knapp sechs Milliarden Euro. Die IG Metall will helfen.

Frankfurt am Main/Berlin - Die schwer angeschlagene Schaeffler- Gruppe verbündet sich mit der IG Metall. Das bislang eher unter Ausschluss der Öffentlichkeit agierende Unternehmen will mehr Mitbestimmung zulassen und damit auch mehr Einfluss der Gewerkschaft. Im Gegenzug erhoffen sich Maria-Elisabeth Schaeffler und ihr Sohn Georg die Unterstützung der Gewerkschaft bei dem Bemühen um staatliche Hilfen. Dazu wollen sie einen „wesentlichen“ Teil ihrer Beteiligung verkaufen, um mit dem Erlös die Finanzlücke zumindest zum Teil zu stopfen. Nach Angaben von Georg Schaeffler fehlen dem Unternehmen derzeit „fünf bis sechs Milliarden Euro“ Eigenkapital und damit eine Milliarde mehr als bislang vermutet.

„Es besteht akuter Handlungsdruck. Wir stehen aber nicht in einem Insolvenzszenario“, sagte Georg Schaeffler am Montag in der Zentrale der IG Metall. Eine zeitlich begrenzte Hilfe von Bund und Ländern sei notwendig. Mutter und Sohn beteuerten, sie selbst könnten keinen finanziellen Beitrag zur Lösung der Krise leisten.

Reinhard Göhner, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, zeigte Verständnis für die neue Partnerschaft der Schaefflers mit der IG Metall. „Die Gewerkschaft setzt sich für Arbeitsplätze ein und sichert sich Einfluss“, sagte Göhner dem Tagesspiegel. Und Schaeffler habe sich sowieso nach der Übernahme der Continental AG der Mitbestimmung öffnen müssen. Schließlich sei es für Schaeffler jetzt leichter, Bürgschaften zu bekommen, „als in einer Konfrontation mit den Gewerkschaften“.

Ausgerechnet in der Zentrale der IG Metall verkündete die 67-jährige Schaeffler ihren Teilrückzug aus dem Unternehmen. „Die Einheit des Unternehmens und die Arbeitsplätze können nicht anders gesichert werden. Das ist für uns entscheidend.“ Zusammen mit ihrem Sohn gestand sie ein, dass beide kaum noch über freies Vermögen verfügen, das sie dem Unternehmen zur Verfügung stellen könnten. Sie hätten in den letzten Jahren alle Gewinne in das Unternehmen gesteckt. „Ich habe lediglich Geld herausgenommen, um in Deutschland meine Steuern zu zahlen“, sagte Georg Schaeffler.

Ohne einen Verkauf eines wesentlichen Teils ihre Anteile können die Schaefflers deshalb keinen Beitrag zur Rettung des Unternehmens leisten. Wer kaufen könnte, ist allerdings noch völlig offen. „Wir sprechen aber mit mehr als einem Partner“, sagte Georg Schaeffler. Fest steht, dass künftig auch die 71 000 Mitarbeiter der Gruppe am Unternehmen beteiligt werden sollen. Wann der Sanierungsplan für die mit rund zehn Milliarden Euro verschuldete Gruppe steht, ist weiterhin offen. „Wir arbeiten mit aller Vehemenz an diesem Plan. Es hängt aber auch von den Banken ab“, sagte Georg Schaeffler. Bürgschaften wird es nur bei einem überzeugenden Konzept geben. Nach Ansicht von IG-Metall-Chef Berthold Huber ist ein Engagement der Länder und des Bundes zur Überbrückung der Krise erforderlich – „ob über eine Eigenkapitalhilfe, eine Liquiditätssicherung oder eine Bürgschaft“. Weltweit stünden bei Schaeffler und Continental 220 000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, davon 80 000 in Deutschland. „Wir können nicht den Banken, die Milliarden vernichtet haben, auf die Sprünge helfen und in der Realwirtschaft die Augen zumachen. Wir führen ordnungspolitische Debatten ohne Sinn und Verstand.“

Schaeffler und Continental seien im Kern gesund und dürften von den Banken nicht zerschlagen werden. Wie weit die Verhandlungen mit den Geldhäusern – an die Schaeffler jeden Monat knapp 80 Millionen Euro Zinsen zahlen muss – gediehen sind, blieb offen. Allein bei der Commerzbank hat Schaeffler angeblich vier Milliarden Euro Schulden. mit alf

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