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Der Bau gilt seit jeher als eine der Branchen, in denen verhältnismäßig viel schwarzgearbeitet wird.

© dpa

Schattenwirtschaft in Deutschland: Gute Konjunktur, weniger Schwarzarbeit

Ökonomen kritisieren die Politik der Bundesregierung: Höhere Sozialbeiträge und der Mindestlohn provozieren Ausweichmanöver in die Schattenwirtschaft.

Je mehr reguläre Arbeit es in der Wirtschaft gibt, desto weniger Leute arbeiten schwarz. Diesen Zusammenhang bestätigt die neueste Studie zur Schattenwirtschaft des Linzer Ökonomen Friedrich Schneider und des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW). Danach kommt die Schattenwirtschaft in diesem Jahr voraussichtlich auf ein Volumen von 338,5 Milliarden Euro, das wären zwei Milliarden Euro weniger als 2013. Ein gut zehn Jahre alter Trend setzt sich damit fort. 2003 erreichte die Schwarzarbeit hierzulande ein Rekordniveau, seitdem geht es bergab – mit einer Ausnahme: Im Krisenjahr 2009 arbeiteten wieder mehr Menschen schwarz.

Damals war Kurzarbeit weit verbreitet, und viele Arbeitnehmer hatten entsprechend Zeit, um sich in der Schattenwirtschaft zu betätigen. Schneider zufolge machte die Schwarzarbeit 2009 rund 352 Milliarden Euro oder knapp 15 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts aus. Das war zwar eine Menge, lag aber noch deutlich unter dem Wert von 2003: 370 Milliarden Euro oder 17,2 Prozent des Sozialprodukts wurden in jenem Jahr an Finanzamt und Sozialkassen vorbei erwirtschaftet.

Wie wirkt sich der Mindestlohn auf die Schattenwirtschaft aus?

Ursächlich für den Rückgang ist nicht allein die gute Konjunktur respektive die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigung im Jahr 2003, als die Grenze für die so genannten Minijobs auf 400 Euro angehoben wurde und die frühere Höchstgrenze von 15 Arbeitsstunden wegfiel, hat zweifellos manche vormals schwarze Tätigkeit legalisiert.

„Steigende Sozialbeiträge und die nicht gebremste kalte Progression verstärken die Anreize, in der Schattenwirtschaft zu arbeiten“, teilten Schneider und IAW am Dienstag zur aktuellen Lage mit. Danach wirken die nicht erfolgte Senkung des Rentenversicherungsbeitrags sowie der um 0,5 Prozent steigende Beitrag zur Pflegeversicherung „verstärkend auf die Schattenwirtschaft“; die Wissenschaftler gehen in ihrer Modellrechnung von knapp zwei Milliarden Euro aus.

Um weitere 1,2 Milliarden Euro könnte demnach die Schwarzarbeit zunehmen, weil Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde umgehen würden; der Mindestlohn kommt Anfang 2015.

Gravierender als diese Punkte sei aber eine Reform, „die sich die Regierung nicht vorgenommen hat: die Beseitigung der ,kalten Progression’“. Die besagt, dass die Steuerpflichtigen trotz unverändertem Realeinkommen in höhere Progressionbereiche kommen, also mehr Steuern zahlen. Nach einer Simulationsrechnung des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) kassiere der Fiskus zwischen 2010 und 2014 durch die kalte Progression zusätzlich knapp neun Milliarden Euro. Das wiederum provoziere ein Ausweichen in die Schattenwirtschaft, wo die Wertschöpfung allein aus diesem Grund um 5,3 Milliarden Euro zulege.

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