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Horts Köhler

© dpa

Schelte vom Bundespräsidenten: Köhler watscht Banker ordentlich ab

"Mächtig blamiert" hat sich laut Bundespräsident Köhler die Finanzwelt. Sie sei schuld an der Kreditkrise und habe die Märkte zu einem "Monster" werden lassen. Klare Worte von jemanden, der sich in der Branche auskennt.

"Ich will hoffen, das Schlimmste ist überstanden. Doch wir waren nahe dran an einem Zusammenbruch der Weltfinanzmärkte", sagte Bundespräsident Horst Köhler. Die seit Sommer 2007 anhaltende Krise werde auch noch negative Folgen für die übrige Wirtschaft haben. Der Volkswirt und frühere Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) sieht die Schuld für die Finanzmarktkrise bei den Banken. Renditejagd habe die Märkte zu einem "Monster" werden lassen, sagte Köhler dem Magazin "Stern". Die Finanzwelt habe sich "mächtig blamiert", doch er vermisse noch immer als Schuldbekenntnis "ein klar vernehmbares mea culpa".

Die beiden größten deutschen Banken, Deutsche Bank und Commerzbank, wollten sich zur Kritik des Bundespräsidenten nicht äußern. Als Konsequenz der Turbulenzen, die ausgehend vom US- Immobilienmarkt auch etlichen deutschen Banken Milliardenbelastungen einbrachten, forderte Köhler "eine strengere und effizientere Regulierung". Zudem sollten Finanzgeschäfte mit mehr Eigenkapital unterlegt werden müssen.

Kritik auch an Manager-Vergütung

"Die Überkomplexität der Finanzprodukte und die Möglichkeit, mit geringstem eigenen Haftungskapital große Hebelgeschäfte in Gang zu setzen, haben das Monster wachsen lassen", sagte Köhler. "Es hat kaum noch Bezug zur Realwirtschaft." Dazu gehörten auch "bizarr hohe Vergütungen für einzelne Finanzmanager". Vor allem im Investmentbanking werden hohe Boni gezahlt.

Köhler nahm auch Bezug auf die stark gestiegenen Lebensmittelpreise: "Dass sich der Preis für Reis in so kurzer Zeit verdreifacht hat, hat sicher auch mit Spekulation zu tun." Positiv sei, wenn höhere Preise zu mehr Investitionen in die Produktion führten. "Aber höhere Preise dürfen die Menschen in den armen Ländern nicht zusätzlich in den Hunger treiben."

"Schrott bleibt Schrott"

Im Verlauf der Krise hatten sogar Banker eingeräumt, beim Zerstückeln und Neuverpacken von faulen Krediten seien mitunter Produkte kreiert worden, die selbst Fachleute kaum noch durchschauten. "Schrott bleibt Schrott - auch wenn man ihn neu verpackt", hatte ein hochrangiger Manager aus dem Sparkassenlager kritisiert.

Die Turbulenzen am Markt für zweitklassige US- Hypothekenkredite (subprime) hatten weltweit zu Verwerfungen geführt. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hatte wiederholt eingeräumt, auch sein Haus habe Fehler gemacht. Zudem habe im Sommer 2007 Zuversicht geherrscht, dass die Krise begrenzt bleibe: "Man ging davon aus, dass alle die Risiken nehmen, die sie verdauen können", sagte Ackermann Anfang Mai in Frankfurt. Deutschlands größte Bank musste bisher infolge der Krise rund fünf Milliarden Euro Belastungen verkraften und war im Auftaktquartal 2008 erstmals seit fünf Jahren in die Verlustzone gerutscht.

Monster in die Schranken weisen

Der Bundespräsident mahnte in dem Interview auch ein Nachdenken über eine Neuordnung des deutschen Finanzsektors an: "Die meisten Landesbanken haben offensichtlich kein tragfähiges Geschäftsmodell. Das wirft Fragen auf." Er habe es schon vor seiner Zeit als Bundespräsident für die beste Lösung gehalten, dass die sieben beherrschenden Landesbanken zu einer Zentralbank der Sparkassen fusioniert werden.

Bei den Landesbanken war im Zuge der Krise erneut verstärkt über Fusionen diskutiert worden - meist allerdings ohne Erfolg. Zuletzt hatte die schwächelnde WestLB (Düsseldorf) vergeblich die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) umworben. Die meisten Experten rechnen erst nach Ende der Finanzmarktkrise mit neuen Fusionsschritten. Köhler forderte, auch die deutschen Privatbanken "sollten sich in einer Form konsolidieren, dass wir uns auf sie verlassen können".

Aktuell wird in der Branche über den Verkauf von Postbank und Dresdner Bank spekuliert. An der Postbank haben unter anderen Deutsche Bank und Commerzbank Interesse bekundet. Köhler bilanzierte: "Das einzig Gute an der Krise ist: Jetzt muss jedem verantwortlich Denkenden in der Branche selbst klar geworden sein, dass sich die internationalen Finanzmärkte zu einem Monster entwickelt haben, das in die Schranken gewiesen werden muss." (ck/dpa)

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