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Wirtschaft: Schering verstärkt die Abwehr

Weitere Investmentbank soll den Konzern gegen Merck verteidigen / Großaktionär Allianz hält sich alle Optionen offen

Berlin - Der Berliner Schering-Konzern holt sich zusätzliche Hilfe für die Abwehr der feindlichen Übernahme durch den Konkurrenten Merck. Neben Morgan Stanley habe jetzt auch Dresdner Kleinwort Wasserstein ein Mandat, sagte ein Sprecher des Instituts dem Tagesspiegel. Beide Investmentbanken sollen gemeinsam eine Abwehrstrategie entwickeln. Nach vorherigen Angaben aus dem Umfeld des Unternehmens setzt Schering eher auf Zukäufe, um seine eigene Übernahme zu erschweren, als auf einen so genannten weißen Ritter, also die Übernahme durch einen anderen Investor.

Das Darmstädter Familienunternehmen Merck hatte am Montag ein Übernahmeangebot für Schering vorgelegt. Der drittgrößte deutsche Pharmakonzern galt am Kapitalmarkt schon lange als Übernahmekandidat. Merck bietet 77 Euro pro Schering-Aktie. Die Berliner Hormonhersteller weisen das Angebot aber zurück und wollen auch künftig unabhängig bleiben.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Rainer Wend, zieht im Fall einer Übernahme von Schering die Darmstädter einem ausländischen Unternehmen vor. „Wenn man davon ausgeht, dass Schering nicht allein bleibt, dann ist Merck für uns interessanter als ausländische oder kurzfristige Investoren“, sagte der SPD-Wirtschaftspolitiker dem Tagesspiegel. „Das sind Zukunftsmärkte“, sagte er in Bezug auf den Pharma- und Gesundheitsmarkt. „Wir müssen ein Interesse daran haben, unseren Standort zu stärken.“ Auch getrennt seien Schering und Merck aber wettbewerbsfähig, betonte er.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wolle sich mit Blick auf große Zukäufe deutscher Unternehmen im Ausland nicht in den Übernahmekampf zwischen Merck und Schering einmischen, erfuhr der Tagesspiegel aus Regierungskreisen. Merkel betone daher den Aspekt des „nationalen Champions“ nicht. Rücksicht genommen werde zum Beispiel auf die geplante Übernahme des spanischen Energieversorgers Endesa durch den deutschen Energieriesen Eon für 29,1 Milliarden Euro, den die spanische Regierung ablehnt. Das Volumen der Schering-Übernahme wäre etwa halb so groß.

Unklar ist noch, wie der Allianz-Konzern, als größter Schering-Aktionär, sich verhalten wird. Die Allianz besitzt rund elf Prozent der Aktien. „Wir haben uns weder in die eine noch in die andere Richtung festgelegt“, sagte Allianz- Finanzvorstand Paul Achleitner am Donnerstag bei der Bilanzvorlage in München. Man werde sich zu gegebener Zeit entscheiden. Helmut Perlet, der Allianz-Controlling-Chef, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Allianz sei überhaupt nicht unter Druck, die Beteiligung zu verkaufen. Es sei an der Schering-Führung, Wert für die Aktionäre zu schaffen. Die Entscheidung des Großaktionärs Allianz könnte Signalwirkung für andere Investoren haben.

Merck wollte die Haltung der Allianz nicht kommentieren. Kontakte zwischen den Unternehmensführungen von Merck und Schering gibt es weiter nicht. Es sei „derzeit nicht das Klima für Gespräche“, hieß es im Umfeld von Merck.

Im Schering-Aufsichtsrat deuten sich als Reaktion auf den Übernahmekampf Veränderungen an. Unternehmenskreise rechnen damit, dass Hermann-Josef Lamberti, der auch dem Vorstand der Deutschen Bank angehört, sein Mandat niederlegen oder zumindest vorerst ruhen lassen wird. Die Deutsche Bank berät Merck.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) erwartet von der geplanten Übernahme kaum Synergien in den Forschungskompetenzen beider Konzerne. „Die Vorteile sind eher begrenzt“, sagte BPI-Präsident Bernd Wegener. Insgesamt sei die geplante feindliche Übernahme „völlig legitim und in Ordnung“, sagte der BPI-Chef.

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