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Schichtdienst. Für Polizisten ist Nachtarbeit Alltag.

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Schichtarbeit: Aus dem Takt

Ärzte, Polizisten und Wachleute müssen arbeiten, wenn andere schlafen. Was ihnen hilft, damit klar zu kommen, gegen den Tagesrhythmus zu leben.

Eine Woche Nachtschicht – das bedeutete für den Chirurgen Christian Umschlag in seiner Zeit als Assistenzarzt manchmal: Samstags um 16.30 zum Dienst, Schluss war dann am Morgen darauf um 9 Uhr. Am Sonntag dasselbe, die nächste Schicht am Dienstag, dann wieder am Donnerstag. Nach einer solchen Woche brauchte er vor allem eines: Schlaf.

Inzwischen ist der 38-jährige Oberarzt an der Klinik in Mühldorf am Inn beschäftigt. Heute schiebt er diese Nachtschichten zwar nicht mehr. Aber er hat neben seinen Diensten auch Bereitschaften, die 24 Stunden am Stück dauern. „Das ist nicht minder anstrengend, weil man immer damit rechnet, dass das Telefon klingelt“, erzählt er.

Wie Christian Umschlag geht es auch vielen anderen Arbeitnehmern. Nicht nur Ärzte und Klinikpersonal arbeiten regelmäßig in Nachtschichten. Auch Polizisten, Bahnmitarbeiter und Angestellte im produzierenden Gewerbe sind im Einsatz, wenn es draußen längst dunkel ist. „Auch Mitarbeiter in Callcentern arbeiten zunehmend rund um die Uhr“, sagt Psychologin Hiltraut Paridon von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

Jeder Elfte arbeitet nachts

Laut Zahlen des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat) arbeitete 2012 jeder elfte Arbeitnehmer (9,2 Prozent) in Deutschland nachts. Männer machen deutlich häufiger Schichtdienst als Frauen. So arbeitet von den Männern jeder Neunte (11 Prozent) nachts – bei den Frauen sind es dagegen 6 Prozent.

Egal, ob Angestellte am Fließband stehen, ob sie Streife fahren oder ob sie einen Blinddarm operieren: „Schichtarbeit ist nie wirklich gesund“, sagt die Psychologin Paridon. „Unser Körper ist nicht dafür gemacht, nachts zu arbeiten.“ Viele Beschäftigte litten denn auch unter Schlafstörungen. Außerdem gibt es eine Reihe von Krankheiten, die mit den außergewöhnlichen Arbeitszeiten assoziiert werden. Schichtarbeiter sollten darauf achten, dass sie sich etwas Gesundes von zu Hause für die Arbeitspause mitnehmen. Auch sollten sie sich um ein regelmäßiges Sportprogramm in der Freizeit bemühen.

Auch die Seele leidet

Häufig leidet nicht nur der Körper unter dem Schichtdienst. Auch die Seele wird in Mitleidenschaft gezogen. „Die sozialen Kontakte werden durch die Schichtarbeit beeinflusst“, sagt Friedhelm Nachreiner. Der Psychologie-Professor ist Vorsitzender der Gesellschaft für arbeits-, wirtschafts- und organisationspsychologische Forschung in Oldenburg. Im schlimmsten Fall könne das Leben gegen den normalen Rhythmus zur sozialen Isolation führen.

Schichtarbeiter sollten sich deshalb bemühen, nach einem festen Rhythmus zu leben. Dazu gehört, sich regelmäßig mit Freunden und Familie zu verabreden.

Während der Körper zwischen 2 und 4 Uhr morgens seinen Leistungstiefpunkt erreicht hat, kann er zum Morgen hin wieder aufdrehen. Dennoch sollten Nachtarbeiter darauf schauen, dass sie ausreichend Schlaf nach ihrer Schicht bekommen. Rituale können dabei helfen, zur Ruhe zu kommen. „Ob das ein Tee ist, eine Weile die Zeitung zu lesen oder unter die Dusche zu gehen, muss jeder für sich selbst herausfinden“, sagt die Psychologin Paridon.

Der Mediziner Christian Umschlag kann mit seinen Schichten ganz gut leben. „Sie gehören schließlich zu meinem Beruf“, sagt er. Damit er der Anspannung im Job bewusste Entspannung entgegensetzen kann, hat er nach Jahren der Abstinenz nun wieder mit einem festen Sportprogramm begonnen. dpa

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