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Ende Juni ist Schluss. In den Schlecker-Filialen arbeiten überwiegend Frauen.

© dpa

Schlecker-Mitarbeiter vor der Kündigung: „Die Bezahlung war sehr gut“

Berliner Verkäuferinnen verteidigen Schleckers Ruf. Auf neue Jobs bei anderen Drogeriemarkt-Filialisten können sie kaum hoffen.

Berlin - Das Fax, in dem die Kündigungen für Ende Juni angekündigt wurden, erreichte die überwiegend weibliche Belegschaft der Berliner Schlecker-Filialen am frühen Freitagnachmittag. Die Regale waren zu diesem Zeitpunkt gut gefüllt – denn noch wenige Minuten zuvor hatten firmeneigene Lkw mehrere Filialen mit Ware beliefert. Überraschend war das Aus trotzdem nicht mehr: „Nach der ersten Schließungswelle war mir das klar“, sagt die Verkäuferin der Filiale in der Kreuzberger Oranienstraße. Bereits im Frühjahr hatte Schlecker 85 von 186 Berliner Standorten aufgegeben.

Die Verkäuferin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hatte bis dahin elf Jahre lang in einer Neuköllner Filiale gearbeitet. „Die Bezahlung war okay, es gab Weihnachts- und Urlaubsgeld“, sagt sie. Als gelernte Verkäuferin habe sie zudem mehr Lohn erhalten als viele Kolleginnen ohne abgeschlossene Ausbildung. „Das Einzige, was genervt hat, war, fünf Stunden am Stück allein zu arbeiten – da war es schwer, mal aufs Klo zu gehen“, berichtet die 56-Jährige. Ob sie in ihrem Alter noch einen neuen Arbeitsplatz im Einzelhandel finden könne, sei fraglich, aber sie wolle es versuchen. Zum Glück habe ihr Mann noch einen Job. Dem Firmengründer Anton Schlecker wirft die langjährige Mitarbeiterin nur eines vor: Alle paar hundert Meter einen Markt eröffnen zu wollen, habe an „Größenwahn“ gegrenzt.

Auch die zwei Verkäuferinnen in der Leipziger Straße loben die „überdurchschnittlich gute Bezahlung“. Den vor allem von Gewerkschaftern erhobenen Vorwurf, Schlecker habe das Personal schlecht behandelt, weisen sie zurück: „Wir haben die Arbeit gerne gemacht.“ Beide sind seit über zwölf Jahren dabei.

Die 48-jährige Kassiererin hatte bis zuletzt „auf eine Lösung gehofft“, jedoch ohne fest daran zu glauben. Vor einigen Wochen war bereits ihr Job in einer Filiale in Weißensee durch deren Schließung weggefallen. Daraufhin bewarb sie sich bei der Drogeriemarktkette Rossmann. Doch diese antwortete, es gebe längst zu viele Anfragen von Schlecker-Personal. „Die meisten Jüngeren sind schon weg“, sagt die 48-Jährige. Beim Mitbewerber dm gebe es auch kaum Chancen, hat sie von Kolleginnen gehört. Dort würden wohl nur Teilzeitkräfte für wenige Stunden Arbeit pro Woche gesucht.

Die etwas jüngere Kollegin im Laden an der Leipziger Straße hat bisher noch keine Bewerbungen abgeschickt, ist nun aber stark besorgt: „Das Einkommen meines Mannes reicht nicht für die Familie.“ Der Verkauf läuft am Nachmittag zunächst noch ganz normal weiter : Die Mitarbeiterinnen lassen sich nichts anmerken, und von den Kunden haben erst wenige von der Zerschlagung der Firma gehört. „Wir wissen noch gar nicht, wann der Ausverkauf beginnt“, sagt die Kassiererin. Cay Dobberke

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