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Die Aufbruchsstimmung, die der neue CEO Christian Sewing bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank zu verbreiten versuchte, ist bereits verpufft.

© Daniel Roland/AFP

Schleppende Sanierung: Deutsche Bank kommt nicht voran

Deutschlands Wirtschaft braucht eine wettbewerbsfähige Großbank in der Eurozone, auch grenzüberschreitende Fusionen sollten nicht ausgeschlossen werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Til Knipper

Die schlechten Nachrichten wollen bei der Deutschen Bank nicht abreißen. Am Donnerstag ging sie mit einem Kurs von 9,07 Euro aus dem Handel, so niedrig wie noch nie in der langen Geschichte von Deutschlands wichtigstem Geldhaus.
Gründe für die Flucht der Investoren gibt es genug. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die amerikanische Notenbank Fed und die US-Einlagensicherung FDIC amerikanische Tochtergesellschaften der Deutschen Bank auf eine Liste von „Problembanken“ gesetzt und ihnen eine Schräglage attestiert hatten. Viel schlechtere Noten können die US-Regulierungsbehörden gar nicht mehr vergeben. Auf dieser Liste landet in der Regel nur, wen die Regulierer für akut gefährdet halten.

Schlechteres Rating verteuert die Refinanzierung der Bank

Am Freitagmorgen verkündete dann auch noch die Rating-Agentur Standard & Poor, die Bonitätsnote der Deutschen Bank eine Stufe herabzusetzen, obwohl die Frankfurter schon vorher ein bis zwei Stufen schlechter als viele ihrer Konkurrenten eingestuft waren. Damit drohen dem Geldhaus höhere Refinanzierungskosten, was die bisher verkündeten Sparpläne zur Makulatur werden lassen könnte und dem Image von Deutschlands einziger international relevanter Großbank weiteren Schaden zufügt.
Und als wäre das nicht schon alles schlimm genug, schürt jetzt auch noch die chaotische Regierungsbildung in Italien die Angst vor dem Wiederaufflammen der Eurokrise, worunter die Aktienkurse der Banken in der gesamten Währungsunion besonders leiden.

Das zentrale Problem der Bank besteht aber darin, dass auch unter dem neuen Vorstandschef Christian Sewing große Zweifel am zukünftigen Geschäftsmodell und dessen Tragfähigkeit bestehen. Das Misstrauen spiegelt sich auch am Markt für Kreditausfallversicherungen der Deutschen Bank wider, deren Preis sich seit Anfang des Jahres fast verdoppelt hat.
Der nach drei aufeinander folgenden Verlustjahren dringend notwendigen Befreiungsschlag, den Sewing auf der Hauptversammlung vergangene Woche versucht hat, ist schon wieder verpufft. Dabei ist die Strategie, die Sewing verfolgt, grundsätzlich gar nicht falsch: Tausende Stellen abbauen, Milliarden an Kosten einsparen, das riskante Investmentbanking stutzen und stabilere Geschäftsbereiche stärken. Das Problem ist nur, dass das auch schone seine Vorgänger erzählt haben und es weiter an der Umsetzung hapert.

Sewing braucht schnelle Erfolge

Um einen Euro Ertrag zu verdienen, muss die Deutsche Bank immer noch mehr als 93 Cent ausgeben. Mit dieser Aufwands-Ertrags-Relation ist sie auf Dauer nicht wettbewerbsfähig. Sewing darf aber auch nicht zu viel zu schnell kürzen, weil er sonst riskiert, dass die Erträge schneller sinken als die Kosten. Ein kompletter Abschied aus dem Investmentbanking wäre daher ebenso grundfalsch, auch wenn die chronisch kapitalmarktfeindliche deutsche Öffentlichkeit das gerne sehen würde. Wie Sewing aber trotz tiefer Einschnitte in diesem Bereich die Erträge bis 2019 sogar steigern will, bleibt sein Geheimnis. Die Sanierung der Deutschen Bank gleicht einer Operation am offenen Herzen, die durch die Ratingabstufung und die Einschätzung der US-Regulierer noch schwieriger geworden ist. Sewing braucht, auch wenn er den Großteil der Probleme von seinen Vorgängern geerbt hat, zügige Erfolge. Bleiben die aus, müsste die Deutsche Bank ihr Heil wohl in einer grenzüberschreitenden Fusion suchen. Als Partner böte sich unter anderem die französische Großbank BNP Paribas an. Die Eurozone und vor allem die deutsche Wirtschaft braucht dringend eine Universalbank mit einem wettbewerbsfähigen Investmentbanking, zumal die Bedeutung der Unternehmensfinanzierung über die Kapitalmärkte auch für Mittelständler in Zukunft eher noch zunehmen wird. Sich bei Börsengängen oder der Platzierungen von Anleihen nur auf die angelsächsichen Geldhäuser zu verlassen, wäre angesichts des Brexit und Trumps isolationistischer Handelspolitik grob fahrlässig.

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