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Wirtschaft: Schluss mit Handy-Abzocke im Ausland

EU-Kommissarin Reding will, dass Mobilfunkgespräche in ganz Europa bereits im Sommer 2007 nur so viel kosten wie zu Hause

Brüssel - Telefonieren mit dem Handy im europäischen Ausland soll bald billiger werden. Die EU-Kommission hat am Dienstag in Brüssel die Grundzüge einer EU-Verordnung vorgestellt, die europaweit eine deutliche Senkung der hohen Gebühren für die Nutzung von Handys im Ausland („Roaming“) erzwingen wird. „Wir werden dafür sorgen, dass der Nutzen des EU-Binnenmarkts auch hier bei den Bürgern ankommt“, sagte EU-Kommissarin Viviane Reding. Sie geht davon aus, dass die „überzogenen Roaming-Gebühren schon im Sommerurlaub 2007 der Vergangenheit angehören werden“.

Bisher sind die Kosten für ein Handygespräch aus einem EU-Partnerland viel zu hoch, rechnen die Brüsseler Experten vor. Ein Deutscher, der zum Beispiel in London mit seinem Mobiltelefon nach Hause telefoniert, der muss für vier Minuten bis zu 5,52 Euro bezahlen. Die Preise sind in der EU allerdings sehr unterschiedlich. Ein Finne, der in Schweden unterwegs ist, bezahlt für vier Handy-Minuten nur 0,20 Euro. In Lettland dagegen muss ein EU-Bürger für die gleiche Nutzungszeit mit Kosten bis zu 13 Euro rechnen.

Ein noch größeres Ärgernis sind für Reding die Gebühren, die bisher für eingehende Gespräche bezahlt werden müssen. Wer im Ausland von seiner Familie von zu Hause aus angerufen wird, der muss – zusätzlich zu dem Preis, den der Anrufer zahlt – auch noch für das eingehende Gespräch auf dem Handy viel Geld bezahlen. Ein Brite, der im Urlaub in Slowenien angerufen wird und vier Minuten lang spricht, dem werden zum Beispiel sieben Euro in Rechnung gestellt. Teuer kann es sogar werden, wenn das Handy aus bleibt. Dann können Gebühren für den Mailbox-Empfang entstehen.

„Wir wollen die Gebühren für eingehende Gespräche ganz abschaffen“, sagte EU-Kommissarin Reding. Mit der geplanten Verordnung sollen auch die Kosten für Auslandsanrufe mit dem Mobiltelefon deutlich sinken. Die Betreiber der Netze sollen beim Roaming den ausländischen Betreibern nur Tarife abverlangen dürfen, die „nicht erheblich über den tatsächlichen Kosten liegen.“ Für den Endkunden soll künftig der verbindliche Grundsatz gelten: Für Handyanrufe im Ausland müssen Inlandspreise berechnet werden. Wer etwa in Paris ein Taxi bestellt, der müsste dann nur den Ortstarif bezahlen. Wenn er seine Familie zu Hause anruft, darf ihm nur der normale Auslandstarif berechnet werden.

Dass die in der Verordnung vorgesehene Senkung der Netztarife der ausländischen Betreiber auch tatsächlich beim Kunden ankommt, dafür werden die nationalen Regulierungsbehörden sorgen müssen. „Wir unterstützen nachdrücklich die Initiative von Kommissarin Reding“, sagte Kip Meek, der amtierende Vorsitzende der Gruppe Europäischer Regulierungsstellen, in der die 25 einzelnen Regulierungsbehörden vereinigt sind.

Schützenhilfe hat die EU-Kommission auch von den 25 Staats- und Regierungschefs der EU erhalten. Bei ihrem Gipfeltreffen am vergangenen Wochenende hatten sie in ihrer Schlusserklärung ausdrücklich auf die Bedeutung hingewiesen, die eine „Senkung der Roaminggebühren für den Wettbewerb hat“.

In den kommenden Wochen werden Netzbetreiber wie Kunden die Gelegenheit haben, zu den Vorschlägen der EU- Kommissarin Stellung zu nehmen. Nach Prüfung der Reaktionen wird die Kommission dann im Juni den Verordnungsentwurf verabschieden. Um in Kraft zu treten, muss der Text noch vom EU-Ministerrat und vom Europaparlament beraten und gebilligt werden. Da es sich dabei um eine EU-Verordnung handelt, die nicht in nationale Gesetzgebung umgesetzt werden muss, sondern unmittelbar wirksam wird, könnten Europas Handynutzer schon 2007 davon profitieren.

Als „absolut überfällig“ haben deutsche Verbraucherschützer den Vorstoß der EU-Kommissarin begrüßt. „Damit soll ein erheblicher Missstand beseitigt werden, der schon seit geraumer Zeit andauert“, hieß es bei der Verbraucherzentrale Bundesverband. Deutschlands größter Mobilfunkanbieter, T-Mobile, zeigte sich kompromissbereit. Ein T-MobileSprecher: „Auch wir sind der Meinung, dass die Roaming-Preise sinken müssen.“ Dies könnte auch zu einer höheren Nutzung führen. Allerdings wähle die EU-Kommissarin den falschen Weg zur Durchsetzung ihrer Pläne. Es helfe nicht, den Markt zu regulieren. Das Problem müsse über den Wettbewerb geregelt werden.

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