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Wirtschaft: Schmidtbank, neuer Versuch

2006 ist Ex-Börsenstar Karl Matthäus Schmidt mit der Quirin Bank gestartet. Jetzt verbucht er erste Erfolge

Berlin - Wie ein Bankchef sieht Karl Matthäus Schmidt auch heute noch nicht aus. Unter dem dunkelblauen Anzug blitzt ein kariertes Hemd hervor. Krawatte und Manschettenknöpfe sucht man vergebens. Der 38-Jährige hat sich viel von dem jugendlichen Charme bewahrt, mit dem er vor knapp zehn Jahren zum Star am neuen Markt geworden war.

„Turnschuh-Banker“ nannte man ihn damals in der Branche – halb abwertend, halb bewundernd. Schmidt wirbelte mit dem Online-Broker Consors die Finanzbranche durcheinander. Zum Höhepunkt des Börsenbooms, im Jahr 2000, war das Unternehmen 4,5 Milliarden Euro wert. Ein Jahr später musste er das Institut für 500 Millionen Euro an die französische BNP Paribas verkaufen.

Mittlerweile hat Schmidt einen zweiten Anlauf gewagt – in Berlin. Im vergangenen Jahr ist er mit der Quirin Bank an die Börse gegangen. Deren Angebot richtet sich nicht mehr an die Hobby-Zocker wie noch bei Consors, sondern an Menschen mit mittleren Vermögen zwischen 50 000 und 250 000 Euro.

Mutig nennt Schmidt selbst das Konzept der Bank. Der Kunde zahlt eine monatliche Flatrate von 75 Euro, dafür bekommt er alle Provisionen und Gebühren zurückgezahlt und wird unabhängig beraten. „Wir lassen uns ausschließlich vom Kunden bezahlen“, sagt Schmidt. „Die ganzen Verführungen, die uns die Produkthersteller gewähren, erstatten wir dem Kunden zurück.“ An den meisten anderen Banken lässt er kein gutes Haar, weil diese saftige Provisionen für den Verkauf von Fonds kassierten. „Der heutige Bankberater ist zum Produktverkäufer verkommen“, klagt Schmidt.

Vor einem Jahr hat die Quirin Bank, deren Hauptaktionär die Berliner Effektengesellschaft ist, ihre Wachstumsziele bis 2010 vorgestellt: 10 000 Kunden und eine Milliarde Euro betreutes Vermögen. Jetzt zieht Schmidt Zwischenbilanz: „Das Resümee ist sehr positiv“, sagt er. Die Bank habe mittlerweile 1500 Kunden. „Wir haben innerhalb eines Jahres gut 700 dazugewonnen.“ Von seinem Ziel von 10 000 ist Schmidt damit zwar noch weit entfernt. Er zeigt sich aber trotzdem zuversichtlich: „Wir sind davon überzeugt, unsere Ziele zu erreichen. Schon Ende 2008 wollen wir auf 3000 Kunden kommen.“

Immerhin haben die Kunden, die bisher zur Quirin Bank gewechselt sind, ein ordentliches Vermögen mitgebracht. Der Durchschnitt liegt derzeit bei rund 200 000 Euro pro Depot und damit eher am oberen Ende der angepeilten Spanne. Insgesamt hat die Bank ihr betreutes Anlagevolumen im vergangenen Jahr von rund 400 Millionen auf 730 Millionen Euro gesteigert und ist dem Vier-Jahres-Ziel damit schon recht nahegekommen. „2008 wollen wir die Milliarde schaffen“, sagt Schmidt.

Um das Vermögen zu verwalten, hat die Bank bereits gut 40 neue Berater eingestellt. Weitere 40 sollen in den nächsten Monaten dazukommen. Auf der Internetseite sind schon jetzt rund 20 Stellenangebote zu finden. Die meisten richten sich an „visionäre Top-Banker“ in der ganzen Republik. Doch auch Berlin profitiert vom Wachstum der Bank. „Wir haben unsere Mitarbeiterzahl hier seit Mitte 2005 verdoppelt“, sagt Schmidt. Mittlerweile beschäftigt die Bank rund 100 Menschen in der Hauptstadt. Deutschlandweit sind es 170.

Im Vergleich zu Schmidts früherem Job bei Consors nimmt sich das alles recht bescheiden aus. Und auch in der Wirtschaftspresse taucht der „Unternehmer des Jahres 2000“ heute deutlich seltener auf. Ein Problem sei das nicht für ihn, sagt Schmidt. „Ich habe diesen Hype immer mit einem gewissen Abstand betrachtet und immer versucht am Boden zu bleiben.“ Auch Börsenkurse hätten ihn nicht verrückt gemacht. „Ich habe nie ein Leben gelebt wie ein Herr Haffa“, versichert er mit Blick auf den EM.TV-Gründer und Börsenhasardeur, der sich gerne mit teuren Sportwagen und Segeljachten zeigte. „Ich spiele nicht einmal Golf“, sagt Schmidt.

Anders als der Emporkömmling Haffa stammt Schmidt aus einer angesehenen Bankerfamilie. Die Schmidtbank im fränkischen Hof war 170 Jahre lang eine feste Institution in der Region – bis sie 2001 an der allzu gewagten Kreditvergabe von Schmidts Vater Karl Gerhard scheiterte. Ein Konsortium von Großbanken musste sie retten. Mit der Bruchlandung des Großaktionärs geriet auch Consors ins Schlingern. Hinzu kam der Zusammenbruch des Neuen Marktes. Schmidt musste die Onlinebank verkaufen.

Jetzt, beteuert der Banker, stecke sein ganzes Herzblut in der Quirin Bank. Aus den Ereignissen von damals habe er gelernt. „Ich habe mich weiterentwickelt“, sagt Schmidt. „Heute reflektiere ich mehr.“

Stefan Kaiser

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