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Greta Konrad, Monika Frech und Christian Beinke haben im Kino Kosmos in Berlin-Friedrichshain den Besuchern der Konferenz „Act Different“ erklärt, warum bei ihrer Beratungsgesellschaft Dark Horse fast alles anders funktioniert.

© Act Different -

Schöne neue Arbeitswelt: Heute wie ein Mönch arbeiten – morgen wie ein Pilger leben

Die junge Beratungsfirma Dark Horse bietet Innovationsberatung. Auf der Konferenz "Act Different" erklären sie, was sie anders machen als andere.

Für alle 32 Chefs dieser Firma wäre es zu eng geworden auf der Bühne. Drei müssen reichen. Also erklären nur Christian Beinke, Monika Frech und Greta Konrad an diesem Donnerstag im Kino Kosmos in Berlin-Friedrichshain den Besuchern der Konferenz „Act Different“, warum bei ihrer Beratungsgesellschaft Dark Horse fast alles anders funktioniert. Ihre Firma entwickelt „Innovationsprozesse für Unternehmen“ – und macht im eigenen Haus vor, was das im Extremfall bedeuten kann.

Die Jungunternehmer lassen sich bei ihrer Arbeit von Widersprüchen inspirieren, denn darin stecke das größte Potenzial für neue Ideen. Sagen sie. Und Ideen wiederum müssen gar nicht immer brandneu sein: So bietet ihnen etwa die traditionelle Arbeitsteilung eines Klosters Inspiration. Als sich die 32 Absolventen der HPI School of Design Thinking in Potsdam 2009 zusammenschlossen, um ihre Firma zu gründen, wollten sie einen Weg finden, sowohl individuell und frei als auch gemeinschaftlich und kontinuierlich zu arbeiten.

So kamen sie aufs Kloster: Manche Ordensbrüder und -schwestern verbringen ihre Zeit mal als Mönche und mal als Pilger. Es gibt Zeiten, in denen sie im Kloster leben und Zeiten, in denen sie hinaus in die Welt gehen. Die Teammitglieder von Dark Horse können ebenfalls jedes Jahr neu entscheiden, ob sie für die nächste Zeit Mönche oder Pilger sein möchten, ob sie also lieber im Büro arbeiten oder als Freiberufler unterwegs sein wollen.

So viel Selbstbestimmung geht manchem Gast im Saal dann doch ein bisschen weit. Man möchte mal wissen, was denn wohl passiere, wenn sich in einem Jahr alle Mitarbeiter für das Pilgerdasein entscheiden würden, fragt einer. Christian Beinke schmunzelt. Das sei noch nie vorgekommen. „Um Probleme kümmern wir uns erst, wenn sie auftauchen“. Beinke ist der Spezialist für Organisationsstrukturen in der Firma. Er erzählt, dass bei Entscheidungen alle zusammenkommen, denen der Ausgang der Entscheidung wichtig ist. Im Extremfall also 32 Leute.

Dark Horse praktiziert „posthierarchisches Management“.

Der Entscheidungsprozess bei Dark Horse basiert auch auf einen scheinbaren Widerspruch: Die Gründer wollen Partizipation und Schnelligkeit. Alle sollen mitreden können, ohne dass Entscheidungen deswegen ewig dauern. Das Team hat sich deswegen als „Soziokratie“ organisiert. Da gilt etwas als beschlossen, wenn keiner einen gravierenden Einwand hat. Wird ein solcher aber vorgebracht, wirke er wie eine Notbremse. Wer die gezogen hat, muss dafür selbst einen Alternativvorschlag machen. So funktioniert bei Dark Horse „posthierarchisches Management“.

Wer hier einen Fehler macht, kann dafür sogar einen Preis gewinnen. Das Team will eine positive Fehlerkultur, denn experimentelles Arbeiten ist Kern der Unternehmensphilosophie. Und dabei geht eben auch mal ein Schuss daneben: Vor zwei Jahren hatte Monika Frech zum Beispiel dafür gesorgt, dass die Firma ein Telefonzellenhäuschen anschafft, damit jeder auch mal ungestört telefonieren kann. Als dieses geliefert wurde, stellte man fest, dass es 400 Kilogramm wog. Auch unter Aufbietung aller soziokratischen Macht ließ es sich nicht die Treppe hinaufbewegen. Und durch die Tür hätte die Zelle auch nicht gepasst. Dafür räumte Frech den „Failure Award“ ab.

Mittlerweile hat die Telefonzelle übrigens doch noch ihren Platz gefunden – das Unternehmen ist in ein ehemaliges Fabrikgebäude in Kreuzberg umgezogen.

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