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Hanuta-Riegel und Knoppers-Riegel: Beide sind im Supermarkt Verkaufsschlager.

© Thorsten Mumme/Tsp

Schokoriegel-Duell zwischen Ferrero und Storck: Darf der Hanuta-Riegel Knoppers so ähnlich sein?

Vor zwei Jahren brachte Storck einen Knoppers-Riegel auf den Markt. Er wurde ein Verkaufsschlager. Nun zieht Ferrero nach. Mit verblüffenden Parallelen.

In der Lebensmittelindustrie kommen Kampfansagen mitunter ausgesprochen süß daher. Doch die 13,5 Gramm Zucker im neuen Hanuta-Riegel können nur schwer darüber hinwegtäuschen, dass sich derzeit ein harter Konkurrenzkampf im Süßwarenregal abspielt.

2017 brachte der deutsche Konzern Storck sein altbekanntes Produkt Knoppers als Riegel auf den Markt. Es wurde zu einem beispiellosen Erfolg: Das Unternehmen mit Sitz in Berlin steigerte daraufhin den Umsatz der Marke Knoppers um 90 Prozent und gewann drei Millionen Kunden neu hinzu, der Knoppers-Riegel ist laut der Marktforschungsagentur Nielsen die erfolgreichste Süßwaren-Innovation der vergangenen Jahre.

Hanuta-Riegel folgt Knoppers-Riegel

Doch rund zwei Jahre später scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Denn der italienische Konzern Ferrero brachte im November 2019 sein altbekanntes Produkt Hanuta als Riegel auf den Markt. Und wieder scheint es ein Erfolg zu werden. Supermärkte melden, der Riegel habe alle Konkurrenten von Mars über Snickers bis hin zu besagtem Knoppers-Riegel abgehängt. Schon lange vor den durch den Coronavirus ausgelösten Hamsterkäufen klaffte an der Stelle im Supermarktregal für die Hanuta-Riegel in vielerorts eine große Lücke.

Dass der Hanuta-Riegel eine Antwort auf Knoppers ist, blieb den Kunden nicht lange verborgen. Denn abgesehen von der Entstehungsgeschichte – aus einem Waffelschnitten-Klassiker wird ein Riegel – erinnert auch der Hanuta-Riegel selbst an den bekannten Snack von morgens, halb zehn in Deutschland: Geschichtete Waffel, Milchcreme, Haselnussstückchen und eine Schokoladenschicht.

Das neue Ferrero-Produkt hat mit Knoppers definitiv mehr Ähnlichkeit als mit dem klassischen Hanuta. „Super lecker, aber fast wie der des Mitbewerbers“, schreibt auf der Hanuta-Facebook-Seite ein User stellvertretend für viele Kunden. Doch darf Ferrero das? Einfach ein Produkt von Storck imitieren?

Storck ist bereits gegen Nachahmer vorgegangen

Matthias Kleespies ist einer der führenden Anwälte für Patentrecht in der Lebensmittelbranche. Auf Tagesspiegel-Nachfrage dekliniert er die möglichen Angriffspunkte des Hanuta-Riegels anhand anderer Beispiele durch. So hat Knoppers 2014 etwa gegen das Nachahmungsprodukt „Knuss“ eines Discounters gewonnen, weil dessen Packung dem Original zu ähnlich war.

„Im vorliegenden Fall“ ist jedoch die Verpackungen des Knoppers-Riegels aufgrund der anderen Farbwahl und Gestaltung deutlich unterschiedlich zu der Verpackung des Hanuta-Riegels, sodass ich keine Möglichkeit für Storck sehe, sich gegen die Verpackung zur Wehr zu setzen.“

Doch nicht nur Verpackungen, sondern auch die Form und Gestaltung von Schokoriegeln können durch Designrechte und bei besonderer Bekanntheit durch sogenannte 3D-Marken geschützt sein. Bei Schokoriegeln setzt das laut Kleespies allerdings voraus, dass der Hersteller nachweisen kann, dass ein Großteil der deutschen Verbraucher das Produkt allein durch die Form des Riegels erkennt und einem bestimmten Hersteller zuordnet.

Äußerlich weisen der Hanuta-Riegel (oben) und der Knoppers-Riegel keine allzu große Ähnlichkeit auf.
Äußerlich weisen der Hanuta-Riegel (oben) und der Knoppers-Riegel keine allzu große Ähnlichkeit auf.

© Thorsten Mumme/Tsp

Gelungen ist dies Ferrero selbst beispielsweise für die Milchschnitte. Auch der US-Konzern Mars hat seinen Bounty-Riegel auf diese Weise geschützt und ist damit auch schon erfolgreich gegen andere Kokos-Riegel vorgegangen.

Knoppers verfügt über solch einen Schutz jedoch nicht. Zudem hat Ferrero dem Hanuta-Riegel äußerlich eine andere Form gegeben, sodass es hier laut Kleespies ohnehin keine Möglichkeit für Storck gäbe, den Hanuta-Riegel deswegen verbieten zu lassen.

Die Zusammensetzung des Hanuta-Riegels (oben) weist Ähnlichkeiten mit dem Knoppers-Riegel auf. Doch das ist nicht verboten.
Die Zusammensetzung des Hanuta-Riegels (oben) weist Ähnlichkeiten mit dem Knoppers-Riegel auf. Doch das ist nicht verboten.

© Thorsten Mumme/Tsp

Rechtlich gesehen besteht die Verbindung zwischen Knoppers- und Hanuta-Riegel also nur in der mehr oder weniger ähnlichen Zusammenstellung der Zutaten. „Doch selbst wenn der Geschmack bei den beiden Riegeln identisch wäre, hätte Storck rechtlich nichts in der Hand, um gegen Ferrero vorzugehen, da der Geschmack an sich durch Schutzrechte rechtlich nicht geschützt werden kann“, resümiert Kleespies. „Wettbewerbsfreiheit umfasst auch die Nachahmungsfreiheit.“ Ferrero äußerte sich auf Anfrage nicht zur vermeintlichen Ähnlichkeit ihres neuen Produkts.

Schoko-Riegel sind ein Wachstumsmarkt

Grundsätzlich sind Schoko- und Nussriegel ein Wachstumssegment. Nach Zahlen des Marktforschungsinstituts IRI wuchs der Markt 2019 um 6,6 Prozent. „Zusätzlich zu den sogenannten Line-Extensions wie dem Knoppers- oder Hanuta-Riegel sind die Gründe für das stetige Wachstum sowohl Promotion-Mechanismen wie zeitlich begrenzte Sorten als auch ein Wachstum aus dem bestehenden Sortiment“, kommentiert IRI-Handelsexpertin Sonja Schulze.

Ihre Erklärung zeigt, wie wichtig neue Produkte für die Hersteller sind. So hat Storck reagiert und bietet seinen Knoppers-Riegel inzwischen auch in einer Erdnuss- und einer Kokos-Version an. Ferrero, das seit dem Tod des langjährigen Konzernchefs Michele Ferrero 2015 in der Branche als wenig innovativ galt, hat zuletzt gleich mehrere Neuheiten präsentiert oder angekündigt. Neben dem Hanuta-Riegel sind die Nutella-Biscuits oder die Kinder-Cards die erfolgreichsten Beispiele.

"Die Liebe der Deutschen zu Schokolade"

Die gute Bilanz all dieser Produkte ist umso überraschender, da der Trend zur gesunden Ernährung eigentlich auch das Snack-Segment erfasst hat. „Die Zeit der XL-Schoko-Riegel ist vorbei“, sagte der Mars-Europa-Chef schon 2016. Und auch von der Unternehmensberatung AT-Kearney heißt es: „Während der Schokoladenkonsum in vielen Ländern sinkt, greifen die Verbraucher zu ,gesünderen’ Alternativen wie Protein-, Frucht- und Nussriegeln.“

Für Laurence Etienne, Deutschlandchefin von Mars Wrigley, ist die Bundesrepublik aber ein Sonderfall. „Der deutsche Süßwarenmarkt ist hinter den USA weltweit der zweitgrößte“, sagte Etienne Ende vergangenen Jahres dem „Handelsblatt“. „Das liegt vor allem an der Liebe der Deutschen zu Schokolade.“

Vielleicht erklärt sich so der Erfolg der neuen Riegel von Koppers und Hanuta. Denn von der Gesundheitswelle dürften beide Produkte wohl kaum profitieren. Mit 15,5 Gramm Zucker kommt der sechs Gramm schwerere Knoppers-Riegel auf einen ähnlichen Anteil wie das Hanuta-Pendant. Mit 535 (Knoppers) und 585 Kilokalorien auf 100 Gramm (Hanuta) liegen beide ebenfalls praktisch gleichauf. Die süße Kampfansage aus Italien wird also genauso süß pariert.

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