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Wirtschaft: Schrempps Aktionäre werden laut

Hauptversammlung in Berlin: Scharfe Kritik an Aufsichtsratsbezügen – Konzernchef bekräftigt Ziele

Berlin. „Herr Kopper, aus Sicht der Daimler-Chrysler-Aktionäre wäre Ihr sofortiger Rücktritt geboten.“ Lars Labryga von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) formuliert, was viele der rund 10000 Anteilseigner denken, die am Mittwoch zur Hauptversammlung des Autokonzerns ins Berliner ICC gekommen sind.

Aufsichtsratschef Hilmar Kopper hat kurz zuvor vorgelesen, was die Gemüter der Aktionäre erhitzt: Um 50 Prozent sollen die Bezüge der 20 Daimler-Chrysler-Aufsichtsräte künftig erhöht werden. Jedes Mitglied würde dann „neben dem Ersatz seiner Auslagen“ 75000 statt 51000 Euro pro Jahr verdienen, Kopper als Vorsitzender des Gremiums käme auf die dreifache Summe: 225000 Euro. Der Konzern begründet die kräftige Einkommensverbesserung mit den höheren Aufsichtsratsbezügen „vergleichbarer Unternehmen“. Außerdem soll Daimler-Chrysler bei der „Gewinnung herausragender Persönlichkeiten für ihren Aufsichtsrat“ wettbewerbsfähig bleiben.

Konzernchef Schrempp hatte den Aktionären eigentlich nur Mut machen wollen: Trotz der schwierigen Marktsituation vor allem in den USA halte Daimler-Chrysler an seinem Ziel fest, das operative Ergebnis ohne Einmaleffekte von 5,8 Milliarden Euro im vergangenen Jahr 2003 noch steigern zu wollen. Die Zahlen des ersten Quartals seien „durchaus ermutigend“. Viel zu tun gibt es aber noch bei Chrysler, wie Schrempp einräumt. Mit zusätzlichen Kosteneinsparungen werde man um das Ziel kämpfen müssen, das Ergebnis von rund zwei Milliarden Dollar für die US-Sparte zu erreichen. Die Mercedes Car Group sei gut ins Jahr gestartet. Mercedes-Benz, Smart und Maybach wollten bei Absatz, Umsatz und Ergebnis an das hohe Niveau des Jahres 2002 anschließen.

Vor dem Hintergrund dieser Prognosen, griff auch Jörg Pluta von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz Aufsichtsratschef Kopper an: „Sie haben es nicht nötig, sich dem Vorwurf der Bereicherung auszusetzen.“ Gerade Chrysler befinde sich auf gutem Wege. Aber: Die Gehaltserhöhung „im Übermaß“ sei „sozial nicht mehr verantwortbar“, sagte Pluta. „Die Gier, das wissen Sie, hat schon viel Anlegervertrauen vernichtet.“ Pluta vermutete, dass die Erhöhung der Aufsichtsratsbezüge auch eine Gegenleistung für die vorzeitige Vertragsverlängerung von Konzernchef Schrempp sei.

Auch Thomas Körfgen, Leiter des Aktienfondsmanagements der SEB Bank, die 1,6 Millionen Daimler-Chrysler-Aktien hält, stieß sich am Mittwoch an der Erhöhung der Bezüge und verwies auf die schwache Kursentwicklung der Daimler-Aktie im Vergleich zu ihren Wettbewerbern: „Zehn Prozent schlechter als VW, 70 Prozent schlechter als BMW und 90 Prozent schlechter als Porsche“, rechnet Körfgen vor. „Es war eine richtige Entscheidung, die Daimler-Chrysler-Aktie unterzugewichten.“

Trotz der heftigen Kritik genehmigte die Hauptversammlung die Erhöhung der Aufsichtsratsbezüge schließlich doch mit großer Mehrheit. 94,68 Prozent der Aktionäre stimmten dafür, wie Aufsichtsratschef Kopper am Mittwochabend mitteilte.

Unter dem Beifall der Aktionäre hatte auch Schrempp zuvor zugegeben, dass ihn der Aktienkurs des Konzerns nicht zufrieden stelle. Der aktuelle Kurs – am Mittwoch notierte die Aktie fast unverändert bei 30 Euro – bringe das Potenzial des „weltweit wertvollsten Autoherstellers“ nicht angemessen zum Ausdruck. Alles in allem sei „das Erreichen unserer selbst gesetzten Ziele deutlich schwieriger geworden“, sagte Schrempp.

Milde gestimmt hat die Anteilseigner allein der Vorschlag, die Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr um 50 Prozent auf 1,50 Euro je Aktie anzuheben. Damit schüttet das Unternehmen insgesamt 1,5 Milliarden Euro aus. Die Aktionäre nehmen den Vorschlag erwartungsgemäß an. Und sahen dem Management auch den Kursverfall nach: Der Vorstand wurde mit 99,44 Prozent (Vorjahr 93,67 Prozent), der Aufsichtsrat mit 99,34 Prozent (93,65 Prozent) der Stimmen entlastet.

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