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Wirtschaft: Schröder-Blair-Papier ist Grundlage für das Bündnis für Arbeit

BERLIN (alf). Das Mitte der Woche vorgelegte Schröder-Blair-Papier liefert nach Einschätzung des Kanzler-Beraters Klaus Gretschmann eine "theoretische Grundlage" für das Bündnis für Arbeit.

BERLIN (alf). Das Mitte der Woche vorgelegte Schröder-Blair-Papier liefert nach Einschätzung des Kanzler-Beraters Klaus Gretschmann eine "theoretische Grundlage" für das Bündnis für Arbeit. Das Thesenpapier gebe "einen Fingerzeig, wohin sich das Bündnis bewegt", sagte Gretschmann am Freitag in Berlin. Blair und Schröder hatten ein Modernisierungskonzept für die europäische Sozialdemokratie vorgelegt. Gretschmann kündigte an, daß die künftige Steuerbelastung der Unternehmen nicht mehr als 35 Prozent betrage werde.

Auf einer Festveranstaltung zum 50. Jubiläum des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie sagte Gretschmann, ohne eine Steuerreform sei "das Bündnis nur halb gebacken". Deshalb werde ab dem 1. Januar 2001 die Belastung aus Körperschaft- und Gewerbesteuer "35 Prozent nicht überschreiten". Da die Gewerbesteuer zwischen zehn und 13 Prozent betrage, wolle sich die Regierung entsprechend auf einen Körperschaftsteuersatz zwischen 22 und 23 Prozent festlegen, kündigte der wirtschaftspolitische Berater Schröders an. Für Personengesellschaften sei ein "Optionsmodell" vorgesehen, damit diese "sich so behandeln lassen können wie Kapitalgesellschaften". Aus fiskalischen und verfahrenstechnischen Gründen trete die Reform erst Anfang 2001 in Kraft. Doch bereits zum 1. Januar 2000 werde es "ein klares und glaubwürdiges Signal" an die Unternehmen geben, kündigte Gretschmann an, ohne konkret zu werden. In der Summe werde die Bruttoentlastung - also Gegenfinanzierungen außer acht gelassen - vom Jahr 2001 an zwischen 35 und 40 Mrd. DM für die Unternehmen betragen. Gretschmann sagte ferner, die nächste Stufe der Ökosteuer werde "weniger beim Stromverbrauch, sondern beim Kraftstoffverbrauch ansetzen"; das läuft also auf eine weitere Erhöhung der Mineralölsteuer hinaus.

Im Rahmen des Bündnis für Arbeit gehe es der Regierung insbesondere "um eine dauerhafte Senkung der gesetzlichen Lohnzusatzkosten". Und zwar auch durch "strukturelle Reformen der Sozialsysteme". Auch eine "beschäftigungsfördernde Tarifpolitik" sei am Bündnis-Tisch zu verabreden. "Muß möglicherweise die Tarifentwicklung für einige Jahre unterhalb der Produktivitätsentwicklung bleiben?" fragte der Schröder-Berater.

Der in der wirtschaftspolitischen Debatte häufig konstruierte Gegensatz zwischen Angebots- und Nachfragepolitik führt Gretschmann zufolge "in die Sackgasse". Steuerungsinstrumente wie Zinsen oder öffentlichen Ausgaben wirkten vielmehr "auf beiden Seiten". Der Kern des Problems liege darin, "anpassungsfähige Strukturen" zu schaffen. In dem Zusammenhang nannte der Wirtschaftsprofessor das flexible Angebot von Dienstleistungen: "Wenn eine Dienstleistungen nachts erforderlich ist, dann ist sie eben nachts erforderlich." Eine Grundlage der Politik der Bundesregierung sei die Bewertung von "Innovationen und Ausbildung als entscheidende Wachstumsdeterminanten". Schließlich komme man nicht an der Haushaltskonsolidierung vorbei, "früher nicht gerade Ziel sozialdemokratischer Politik", wie Gretschmann sagte.

Auf dem Festakt zum Jubiläum des Chemieverbandes sprach auch die EU-Kommissarin Monika Wulf-Mathies. Sie kritisierte das "Regelwerk" in der EU, mit dem häufig "Unternehmergeist gelähmt wird". Die Gewerkschaften forderte die ehemalige ÖTV-Vorsitzende auf, Qualifizierung zum Bestandteil der Tarifpolitik zu machen. Zur EU-Finanzreform, der sogenannten Agenda 2000, sagte Wulf-Mathies, wegen der "Herausforderungen auf dem Balkan ist sie überholt". Auch die Agrarpolitik sei "unzulänglich" geregelt und müsse nachgebessert werden.

Der Bundesarbeitgeberverband Chemie war am 25. Mai 1949 gegründet worden. Heute gehören zu dem Verband rund 1800 Unternehmen mit mehr als 600 000 Beschäftigten. Damit gehört die Chemie zu den größten Arbeitgebern in Deutschland. Der Umsatz je Chemiebeschäftigtem lag zuletzt bei 470 000 DM/Jahr, das sind rund 100 000 DM mehr als im Industrie-Durchschnitt.

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