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Wirtschaft: Schröder gegen feindliche Übernahmen

Der Bundeskanzler will sich aus dem Fusionspoker bei Aventis heraushalten, wirbt aber für deutsche Arbeitsplätze

Genshagen/Frankfurt (ame/shf/HB). Bundeskanzler Gerhard Schröder und sein französischer Amtskollege Jaques Chirac wollen sich aus dem Übernahmekampf zwischen den Pharmakonzernen SanofiSynthelabo und Aventis heraushalten. Bei ihrem Treffen in Genshagen bei Berlin bezeichnete Schröder den Kampf am Montag als „Marktgeschehen, auf das die Politik keinen Einfluss nehmen kann“. Auch Chirac sagte, das feindliche Übernahmeangebot von Sanofi-Synthélabo sei eine „reine Sache zwischen den Unternehmen“. Unterdessen hat Aventis die Abwehr gegen den Angreifer intensiviert.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat in der Übernahmeschlacht zwischen dem französischen Pharmaunternehmen Sanofi-Synthélabo und dem deutsch-französischen Konzern Aventis die Sicherung der Arbeitsplätze am Standort Hoechst gefordert. Der Erhaltung der Arbeitsplätze in der Forschung und in der Produktion müsse „unser Hauptaugenmerk“ gelten, sagte Schröder bei dem Treffen mit Frankreichs Präsident Chirac.

Schröder erklärte, er befürworte prinzipiell die Zusammenarbeit deutscher und französischer Firmen, wenn das dazu führe, dass die Beteiligten „auf den Weltmärkten stärker werden, als man alleine sein kann“. Nach dem Muster des europäischen Luftfahrtkonsortiums EADS sollte dies allerdings „freundschaftlich“ organisiert werden, fügte der Bundeskanzler hinzu. Sowohl Aventis als auch Sanofi würden erwarten, dass auf der politischen Ebene weder in Frankreich noch in Deutschland Einfluss genommen wird. Auch Chirac betonte, dass im Übernahme-Poker keinerlei Entscheidung der französischen Regierung zu erwarten sei. Wie Schröder sprach sich Frankreichs Präsident dafür aus, dass die Arbeitsplätze in den Forschungszentren der beiden Unternehmen erhalten werden sollten.

Zuvor hatte der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Hubertus Schmoldt, die französische Regierung scharf kritisiert. Diese habe sich in „bislang ungeahnter Weise“ in dieser Frage eingemischt und sich sehr offen für das feindliche Übernahmeangebot bekannt, sagte Schmoldt dem Nachrichtensender Inforadio Berlin-Brandenburg. „Wenn die Politik in Frankreich sich einmischt, muss sich auch die deutsche Politik einmischen“, sagte Schmoldt. Schließlich stünden Tausende von Arbeitsplätzen auf dem Spiel.

Unterdessen fürchtet Aventis, dass im Fall einer feindlichen Übernahme durch Sanofi-Synthelabo wichtige Kooperationspartner abspringen könnten. Bei einer Verschmelzung mit dem Konkurrenten würde Aventis zudem nicht so schnell wachsen wie bei einem Alleingang, sagte gestern Chief Operating Officer Richard Markham.

Medikamente gefährdet

Die meisten Kooperationsverträge in der Pharmabranche sehen Ausstiegs- oder Kündigungsmöglichkeiten für den Fall vor, dass der Partner den Besitzer wechselt. Aventis-Chef Igor Landau hatte in den vergangenen Tagen mehrfach angedeutet, dass im Falle einer feindlichen Übernahme der Verlust von Produkten drohen könnte, die gemeinsam mit anderen Unternehmen entwickelt oder vermarktet werden. Details zu den betroffenen Verträgen werden bislang jedoch weder von Aventis noch von den jeweiligen Partnerunternehmen offen gelegt.

Theoretisch könnten bei Aventis vor allem das Medikament Actonel (gegen Osteoporose) und das Multiple-Sklerose-Mittel Copaxone betroffen sein. Actonel wird mit dem US-Konzern Procter & Gamble vermarktet, Copaxone mit der israelischen Teva-Gruppe. Daneben betreibt Aventis eine Reihe wichtiger Entwicklungsprojekte in Kooperation mit Partnern, so etwa das inhalierbare Insulin Exubera (mit US-Konzer Pfizer), das Asthmamittel Alvesco (mit Altana)und das in der Zulassung befindliche Krebsmittel Genasense (mit der US-Firma Genta).

Vor allem ein Verlust der Top-Projekte könnte theoretisch die Bewertung von Aventis und damit auch die Kalkulationen eines Käufers erheblich beeinflussen. Beobachter zeigen sich dennoch skeptisch, ob solche Risiken tatsächlich eine Gefahr für Übernahme-Pläne von Sanofi bergen. „Diese Probleme sind sicherlich überwindbar", so der Pharmaexperte einer Investmentbank.

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