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Am Boden. Eine der Auflagen der EU-Kommission soll den betroffenen Banken vorschreiben, insgesamt 8000 Stellen abzubauen.

© dapd

Schuldenkrise: Das nächste Kapitel: Spaniens Banken

Die Euro-Staaten geben 40 Milliarden Euro für einen iberischen Rettungsfonds. Davon profitieren deutsche Institute.

Im Rahmen des von den Staaten der Euro-Zone bereits im Juli beschlossenen 100 Milliarden Euro schweren Rettungsprogramms für Spaniens Banken soll in Kürze erstmals Geld fließen. Schon am Donnerstag, so schrieb Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter dem Haushaltsausschuss des Bundestages, wollen die Finanzminister der Euro-Zone die Auszahlung einer ersten Tranche von voraussichtlich rund 40 Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds ESM an Spanien freigeben. Der für die Bankensanierung eingerichtete Staatsfonds FROB soll anschließend das Geld dazu nutzen, überschuldete Geldhäuser mit neuem Kapital auszustatten. Zur Auflage will die EU-Kommission den betroffenen Banken vorschreiben, insgesamt 8000 Stellen abzubauen.

Die „Rekapitalisierung“ stellt sicher, dass die angeschlagenen Banken auch weiterhin ihre Schulden bei Kreditgebern im In- und Ausland bedienen können. Profitieren werden davon auch deutsche Geldinstitute. Das bestätigte nun das Bundesfinanzministerium in der Antwort auf eine Anfrage des finanzpolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion, Gerhard Schick. Demnach schulden die für die Rekapitalisierung vorgesehenen bereits verstaatlichten spanischen Banken ihren deutschen Kreditgebern insgesamt 11,9 Milliarden Euro. Gegenüber dem spanischen Finanzsektor insgesamt haben Deutschlands Banken sogar Forderungen von mehr als 50 Milliarden Euro, die mit der erhofften Stabilisierung des spanischen Bankensystems ebenfalls gesichert werden.

Doch die damit verbundene Übertragung des Risikos einer möglichen Pleite der spanischen Geldhäuser auf die Steuerzahler des Landes und – über den ESM-Kredit – auf alle Steuerzahler der Euro-Zone – „hätte sich erheblich vermindern lassen“, kritisiert Schick. Dazu hätten die staatlichen Bankenretter „nur rechtzeitig die Beteiligung der Gläubiger der angeschlagenen Banken an den Kosten der Sanierung durchsetzen müssen“.

Zum Beleg verweist Schick auf die Bilanzdaten der für die Rettung vorgesehenen Institute. Tatsächlich wies der aus der Fusion von sieben regionalen Sparkassen hervorgegangene Geldkonzern BFG-Bankia, der allein mit rund 24 Milliarden Steuer-Euro gestützt werden soll, noch bis Ende 2011 vorrangige, ungesicherte Schulden („Senior Unsecured Credits“) bei Gläubigern im In- und Ausland in Höhe von 27 Milliarden Euro aus. Darüber hinaus hatten Anleger bei Bankia sogenanntes Hybridkapital, also nachrangige Forderungen, die im Krisenfall als Erstes zum Verlustausgleich herangezogen werden können, in Höhe von 17,7 Milliarden Euro gezeichnet. Auf dieser Basis hätte Spaniens Regierung den Bankia-Konzern sehr wohl auch ohne Steuergelder sanieren können, wenn sie den Gläubigern einen Verzicht auf einen Teil ihrer Forderungen im Tausch für die Übernahme der Bank abverlangt hätte. Ein solches im Banker-Jargon sogenanntes „bail-in“ wäre möglich gewesen, hatte auch das britische Analyseunternehmen „Credit Sight“ im vergangenen Mai in einer ausführlichen Studie vorgerechnet.

Völlig offen ist, warum keine der überschuldeten Banken abgewickelt wird

Doch davon wollte Spaniens Wirtschafts- und Finanzminister Luis de Guindos nichts wissen, nicht zuletzt weil seine Regierung damit die Kontrolle über die maroden Institute hätte abgeben müssen – und seine Kollegen in den anderen Staaten ließen ihn gewähren. In der Folge zahlten die Sanierungsbanken im Laufe des Jahres den überwiegenden Teil dieser Schulden mithilfe von Krediten der Europäischen Zentralbank (EZB) zurück, für die wiederum der spanische Staat garantieren musste. Darum stehen etwa bei Bankia nurmehr 4,9 Milliarden Euro Schulden bei vorrangigen, ungesicherten Gläubigern in den Büchern.

Doch auch diese sollen ungeschoren bleiben. Zwar heißt es in der im Juli geschlossenen Vereinbarung zwischen den Euro-Staaten und der spanischen Regierung ausdrücklich, es seien „entsprechende Maßnahmen“ zu treffen, „um die Kosten der Bankenrestrukturierung für die Steuerzahler zu mindern“. Doch zahlen sollen ausschließlich die Zeichner von Vorzugsaktien und anderen nachrangigen Schuldtiteln, die vorwiegend von spanischen Kleinanlegern gekauft worden waren, und das häufig unter falschen Angaben der verkaufenden Banken über das tatsächliche Risiko. Die Inhaber der ganz gewöhnlichen Bankanleihen, viele davon im Ausland, müssen dagegen für ihre Fehlinvestitionen nicht haften und können mit der vollständigen Auszahlung ihrer Forderungen rechnen.

Dieser ganze Vorgang sei „völlig intransparent“, beklagt Finanzpolitiker Schick. Es müsse „dringend aufgedeckt werden, wer da eigentlich profitiert“, fordert er und mahnt die Offenlegung aller Daten über die Gläubiger und Schulden der geretteten Institute an. Ohne diese Daten sei für die Parlamentarier, „nicht nachvollziehbar, ob die vereinbarten Kriterien für die ESM-Kredite auch tatsächlich eingehalten werden“. Völlig offen sei auch, „warum keine der überschuldeten Banken abgewickelt wird“, obwohl dies rechtlich möglich wäre.

Das sehen spanische Kritiker des Bankenfreikaufs ganz ähnlich. Auch der Anwalt Juan Moreno, der im Namen der Protestbewegung 15M Klage gegen Zahlungen an Bankia einlegte, forderte die Euro-Finanzminister auf, die ESM-Kredite erst freizugeben, wenn die betroffenen Banken auch regierungsunabhängigen Prüfern Einsicht in ihre Bücher gewähren. „Fordert alle Daten“, antwortete er dem Tagesspiegel auf die Frage, wie denn deutsche Skeptiker mit dem spanischen Bankenproblem umgehen sollen, wenn sie dort ein Fass ohne Boden fürchten.

Dabei verpflichtet die geltende Vereinbarung, das sogenannte „Memorandum of Understanding“, die spanische Regierung sogar, alle entsprechenden Angaben der EU-Kommission, der EZB und dem Internationalen Währungsfonds vorzulegen. Doch da sollen sie auch bleiben. Die spanische Regierung „sei nicht verpflichtet, diese Informationen an Dritte weiterzugeben oder zu veröffentlichen“, erklärte Finanzstaatssekretär Kampeter.

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